Wie Österreich die EU-Klimaziele erreichen könnte
Weil der Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) des Umweltministeriums die EU-Vorgaben zur Reduktion der CO2-Emissionen nicht erfüllt, wurde öffentlich zu Verbesserungsvorschlägen aufgerufen.
Ein Team von 55 Forschenden um das Climate Change Center Austria (CCCA) bewertete die eingereichten Maßnahmen. "Sie bieten eine gute Basis, um die Lücke der Emissionsreduktion zu schließen", resümierte der Grazer Klimaforscher Karl Steininger am Mittwoch bei einem Medientermin in Wien.
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"Eine breite Palette hoch empfehlenswerter weiterer Maßnahmen liegt nun bewertet am Tisch", so Steininger, der am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz forscht: "Mit der Umsetzung eines ausreichend großen Anteils daraus kann Österreich seine Klimaziele klar erreichen."
Einige Maßnahmen im Überblick:
- Temporeduktion auf 100 km/h (Autobahn), 80 km/h (Freilandstraße) und 30 km/h (Ortsgebiet)
- Ausbau der Stromerzeugung durch Sonnen- und Windenergie
- Dekarbonisierung der Fernwärme
- Biolandwirtschaft ausweiten
- Ernährung nachhaltiger gestalten
Temporeduktion "hoch effektiv"
Unter den Maßnahmen findet sich etwa eine Temporeduktion auf Österreichs Straßen auf 100, 80 und 30 Stundenkilometer auf Autobahnen, Freilandstraßen und im Ortsgebiet, die die Wissenschafter als hoch effektiv einordneten. Damit wäre nicht nur eine formidable Reduktion der Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr möglich, sondern es gäbe auch um 28 Prozent weniger Verkehrstote, so die Prognose.
- Lesen Sie dazu auch: Tempo 100 auf Autobahnen: "Sinnvoll" oder "Schikane"?
Ein verstärkter Ausbau der Stromerzeugung durch Sonnen- und Windenergie wäre ebenfalls sehr wirksam, so wie eine Dekarbonisierung der Fernwärme, berichtete Keywan Riahi vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse – IIASA in Laxenburg (NÖ). Bei der Müllverbrennung sollte man das entstehende CO2 "einfangen" und speichern, in Gebäuden öfter Wärmepumpen einbauen und die Heizungen, Lüftungen und Klimaanlagen vermehrt mit erneuerbarer Energie versorgen. Im Bauwesen könnte man wiederum Emissionen reduzieren, indem die Materialien mit höherer Rate zurückgewonnen, also recycelt werden.
Auch bei der Land- und Forstwirtschaft sowie Ernährung gibt es viele als wirksam eingestufte Ansätze, sagte die österreichische Meteorologin und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb: Man sollte die Biolandwirtschaft ausweiten, Lebensmittelabfälle reduzieren und sich nachhaltiger ernähren, indem mehr pflanzenbasierte und weniger tierische Produkte verzehrt werden.
"Starke Resistenz gegen Temporeduktion"
Manche der vorgeschlagenen Maßnahmen, wie etwa eine Temporeduktion im Straßenverkehr, sind bei der Bevölkerung allerdings nicht sehr populär, erklärte Benjamin Schemel vom Institut für ökologische Ökonomie der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Gallup" gäbe es eine "sehr starke Resistenz" gegen Temporeduktionen im Straßenverkehr, wie auch gegenüber einem Ende von Neuzulassungen bei Verbrennungsmotoren.
Ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Radwege würde aber mehrheitlich begrüßt. Auch die Abkehr von fossilen Brennstoffen sowie der Ausbau der Stromnetz-Infrastruktur und von Erneuerbaren Energien fänden viele Befürworter.
"Solide Grundlage für Klimaplan"
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) begrüßten in Presseaussendungen die wissenschaftliche Bewertung der vorgelegten Konzepte. "Sie zeigen klar, mit welchen prioritären Maßnahmen wir ans Ziel kommen können und hat damit eine solide Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Nationalen Energie- und Klimaplans geschaffen", so Johannes Wahlmüller von Global 2000. Man solle "das parteipolitisches Hick-Hack um den Entwurf beenden" und einen wirksamen Plan vorlegen, meint er.
"Mit der CCCA-Bewertung ist die Grundlage für eine wissenschaftsbasierte Klimapolitik gelegt, wie sie auch dem Pariser Klimavertrag entspricht", erklärte Karl Schellmann von WWF Österreich. Um die Lücke in den Reduktionszielen im Klimaplan zu schließen, müsse die Bundesregierung die finale Version zumindest um die aktuell vorgeschlagenen Maßnahmen der Wissenschaft ergänzen.
"Detaillierte Anleitung für die Regierung"
"Mit der heutigen Bewertung hat die österreichische Regierung eine detaillierte Anleitung, auf welche Klimaschutzmaßnahmen sie am besten setzen kann, um die EU-Klimaziele zu erreichen", meint Jasmin Duregger von Greenpeace: "Das einzig Richtige ist es nun, auf die Wissenschaft zu hören, die notwendigen Maßnahmen im Klimaschutzplan zu verankern und schnellstmöglich nach Brüssel zu schicken."
- Aus dem Archiv: Klimaplan: EU eröffnet Verfahren gegen Österreich
Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) ist für alle Staaten der Europäischen Union (EU) verbindlich. Darin müssen sie darlegen, wie sie die EU-Energie- und Klimaziele erreichen wollen. Er muss bis Juni 2024 fertiggestellt und an die EU-Kommission übermittelt werden. Mit den aktuell darin vorgeschlagenen Maßnahmen werden laut Berechnungen des Umweltbundesamtes die EU-Zielvorgaben nicht erreicht. Statt 48 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bis 2030 im Vergleich zu 2005 würden nur 35 Prozent erreicht. Deshalb wurde im Sommer eine "öffentliche Konsultation" gestartet. Politische Parteien, Interessensverbände, Ministerien, Bundesländer, Wissenschafter und NGOs waren eingeladen, ihre Ideen einzubringen, wie die vorgegebene Reduktion erreicht werden könnte. Der Entwurf wurde ihnen Anfang Juli 2023 vorgelegt, sie konnten bis Ende August dazu schriftlich Stellung nehmen.
1.408 mögliche Maßnahmen
Ein Team von 55 Wissenschaftern rund um das CCCA hat die vorgeschlagenen Maßnahmen in dem vorliegenden Bericht bewertet. Sie sind von 100 Institutionen "von A wie Amt der Burgenländischen Landesregierung bis W wie Wirtschaftskammer Österreich, vorgeschlagen wurden", heißt es darin. Sie lieferten 1.408 mögliche Maßnahmen aus verschiedensten Bereichen, wie Verkehr, Energie und Industrie, Gebäude, Land- und Forstwirtschaft sowie Abfall- und Kreislaufwirtschaft.
Indes ist auf der Regierungsseite vorerst keine Einigung bezüglich des NEKP zu erkennen. Am vergangenen Sonntag hatte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) im "ZiB2"-Interview Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) erneut zum Einlenken aufgefordert. Edtstadler blieb am Montag gegenüber Medien bei ihrer Kritik, dass Gewessler den NEKP nach Brüssel geschickt habe, ohne dies mit dem Regierungspartner abzusprechen. Die EU-Kommission eröffnete im Dezember ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Grund ist die Säumnis, den Entwurf fristgerecht nach Brüssel zu senden, geht aus einem Verfahrensverzeichnis der EU-Kommission hervor. Der von Klimaschutzministerin im Oktober übermittelte Entwurf war von Edtstadler wieder zurückgezogen worden.
Wird eigentlich das derzeitig stattfindende NATO Manöver bei welchem 70 Tonnen schwere Panzer sinnlos durch das Gelände fahren und Flugzeugträger die Meere verschmutzen auch bei den Klimaziele mit berücksichtigt.
Oder ist da es egal wenn über Militärmanöver, sowie steigende Rüstungsproduktion die Umwelt stark geschädigt wird ?
das ist keine Ausrede. Das sind Tatsachen, sonst sind wir wirtschaftlich tot. Ah-bei ihnen kommt ja der Strom aus der Steckdose.
Am besten wird es sein, im Herbst die Regierung auszutauschen.
Dann hat dieses Autofahrer/Besitzer Bashing und drangsalieren hoffentlich einmal ein Ende.
Julian Schütter hat seine Ski gegen Sekundenkleber eingetauscht.
Alles Augenauswischerei.
Kein Land der EU erreicht die Klimaziele.
Soviel steht fest.
… und das ist jetzt eine Ausrede für- was genau ?
Wie wäre es damit, Kerosin genauso zu besteuern wie andere Energieträger ?
Da müssten aber alle Länder mitmachen. Die Luftfahrt wird aber in vielen Ländern als so wichtig betrachtet, dass sie möglichst günstig sein soll.
"Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes werden speziell die CO2-Emissionen – die etwa die Hälfte der Klimawirkung und damit laut Infras etwas mehr als ein Viertel der Luftverkehrsschäden verursachen – seit 2012 durch den EU-Emissionshandel erfasst."
Bezüglich Verkehr: Hier braucht es einen anderen Ansatz:
Das Übel liegt darin begraben, dass viel zu viele Güter, zum Teil sinnlos, quer durch Europa gefahren werden!
Und Amazon und Co, mit deren bescheuerten System, Gekauftes einfach gratis zurücksenden zu können nur weil es dann doch nicht "gefällt",, trägt dazu bei.
Oder die bekannten Transporte von Lebensmittel, die nur wo hingebracht werden, weil zB die Weiterverarbeitung oder nur die Verpackung günstiger ist????
DORT gehört der Hebel angesetzt!
WEG mit den vielen sinnlosen Transporten auf der Strasse quer durch dke EU, nach Rumänien und zurück, usw.-
Die Strasse ist offensichtlich immer noch zu billig! DORT kann viel Treibstoff eingespart werden.
weit mehr als bei einer lächerlichen Temporeduktion!
Es ist allerdings besonders effizient, alles in großen Mengen zentral zu verarbeiten. Große Fabriken für jeden Arbeitsschritt und viele Transporte dazwischen sind die Folge. Und jetzt kommen noch riesige Logistikzentren dazu, weil auch die Verteilung zentral in großen Mengen besonders effizient ist. Und weil das auf der ganzen Welt so ist, kann sich Österreich nicht abkoppeln. Es wird künftig sogar vermehrt so sein, dass bestimmte Waren aus riesigen Logistikzentren im Ausland kommen.
Tempo 100 nervt, ist langweilig und über längere Strecken einschläfernd (und ich habe keine Lust, wie früher drei Stunden nach Wien zu brauchen), aber leider ist es eine sinnvolle Maßnahme, die wahrscheinlich wirklich einen messbaren Emissionsrückgang bringt.
Aber es wäre eine absolute Frechheit und Schikane, wenn nicht gleichzeitig noch andere Maßnahmen ergriffen werden, die in anderen Bereichen, wie z.B. in der Industrie und Landwirtschaft, die Emissionen senken.
Und vor allem: massiver Ausbau des Öffentlichen Verkehrs (inklusive Eisenbahn), Schluss mit der dummen Verhinderung von Windrädern aus reinen Geschmacksgründen ("die sehen nicht schön aus"), noch mehr Förderungen für Privatpersonen für den Umstieg auf Erneuerbare Energien, ...
Ja, wir brauchen definitiv viele verschiedene Maßnahmen, von denen die Temposenkung nur eines davon ist.
ALLE müssen mitmachen!
ALLE machen aber nie mit.
Freue mich schon, wenn mir dann die CO2-Schleudern(=LKW) auf der Heckscheibe kleben und mich überholen. Den bei denen traut man sich ja diese Überlegungen, Transportlobby bedingt, nicht einmal anzudeuten....
Temporeduktion ist offensichtlich genauso unpopulär, wie die weltweite Reduktion der militärischen Emissionen, nur das letztere nicht eingerechnet werden, wenn ich nicht irre.
Außerdem gibt es unzählige militärische Konflikte...
T.U.N. - Auch wenn es vorerst unpopulistisch ist. Es ist schlichtweg überlebensnotwendig.
CO2 Ausstoß Österreich pro Jahr: 65 Millionen Tonnen
CO2 Ausstoß ARAMCO Konzern pro Jahr: 2,7 Milliarden Tonnen
CO2 Ausstoß Coal India pro Jahr: 1,2 Milliarden Tonnen.
Und da glauben sie wirklich, dass eine 100er Beschränkung auf der Autobahn überlebensnotwendig ist. Glauben sie auch, dass das CO2 dann bei unserer Grenze umdreht.
Weiters fördert Tempo 30 den CO2 Ausstoß gegenüber Tempo 40. Machen sie den Versuch und fahren sie mit dem Auto einmal 30 und dann 40. Für 30 km/h muss man einen Gang niedriger fahren als bei 40. Das heißt, dass je nach Auto 200 - 350 Umdrehungen mehr pro Minute bei 30 als bei 40 anfallen. Und was heißt das dann: höherer CO2 Ausstoß.
Soviel zum Überlebensnotwendig.
Nur weil sich jemand anderer dumm verhält, muss man es ja nicht auch selbst machen.