Zwei in zwei Welten
Sie fühlen sich auf dem Life Ball genauso zu Hause wie bei den Rindern auf dem Bauernhof – Claudia und Gert Bachmayr sind ein extravagantes und zugleich bodenständiges Paar.
"Wir sind wie wir sind, haben uns nie verstellt und akzeptieren einander ohne Wenn und Aber", so beschreiben Claudia und Gert Bachmayr das Geheimnis ihrer Liebe. Er ist Friseur und Chef von mehr als 30 Mitarbeitern, fühlt sich in der High Society genauso daheim wie auf dem gemeinsamen Bauernhof. Sie fliegt als Stewardess durch die Welt, sorgt sich um die Kinder und beackert das Erdäpfelfeld, zu Hause in Windhaag bei Perg.
Jeder Tag beginnt mit einer Umarmung, einem Bussi und einem "Ich liebe dich!" Dann marschiert das Ehepaar Bachmayr gemeinsam mit den beiden Kindern Gabriel (9) und Liliane (8) zur einen Kilometer entfernten Schulbushaltestelle. "Beim Zurückgehen haben wir Zeit zum Reden und planen unseren Tag", sagt Claudia Bachmayr (44). Wenn sie arbeiten, also fliegen muss, ist er "Teilzeit-Alleinerziehender Vater", so beschreibt Gert Bachmayr das.
Er genießt diese Zeit sehr. "Zudem spüre ich, was Claudia mit den Kindern zu leisten hat", sagt der 47-Jährige. Auf dem 18 Hektar großen Grund beim Bauernhof, in dem die Familie seit 2013 wohnt, machen sie alles selbst. Um ihn bewirtschaften zu können, hat der Friseur sogar die Landwirtschaftsschule in Katsdorf absolviert. "Das darf man nicht als Arbeit sehen, sondern als Hobby. Früher habe ich Golf gespielt, jetzt repariere ich Zäune und füttere die Tiere", sagt Bachmayr und zählt auf: ein Hund, drei Katzen, Rinder in Mutterkuhhaltung, Gänse, Hühner, Laufenten, Moschusenten. "Nächstes Jahr bekommen wir Schweine."
Rätsel per SMS
Kennengelernt haben sich die beiden 2004 ganz klassisch beim Fortgehen im "Blue Club" in Linz (dort wo heute die Rox Musicbar ist). "Wir haben Nummern ausgetauscht, aber als ich sie angerufen habe, hatte sie nie Zeit. Stewardess eben, einmal war sie in Hongkong, dann in New York", berichtet Gert Bachmayr. Irgendwann hatte er genug vom Warten und startete eine ungewöhnliche Aktion. Er schickte ihr per SMS ein Rätsel (siehe unten), sie löste auf und so trafen sie sich am 11. 11. vor genau zwölf Jahren zu ihrem zweiten Date. Der Beginn einer großen Liebe.
Allerdings nicht die erste Liebe. Sie hatte eine neunjährige Beziehung hinter sich und war wieder Single, er war frisch geschieden und hat zwei ältere Kinder. "Ich wusste schon genau, was ich nicht wollte: nichts Flaches, keine Spielchen, jeder sollte so sein, wie er ist", sagt Claudia Bachmayr. "Ich wollte keine Zickerei, und dass jeder den Freiraum bekommt, den er braucht. Da ich ständig von hübschen Menschen umgeben bin, wollte ich auch keine eifersüchtige Frau", sagt Gert Bachmayr.
Geheiratet haben die Bachmayrs barfuß am Teich vor dem Haus im August 2009. "Barfuß lautete auch der Dresscode für die Gäste", sagt Claudia Bachmayr. An ihrem Gert schätzt sie, dass er sie immer noch überrascht, seine schrägen Ideen und dass er alles für seine Familie tun würde. "Claudia erträgt meine Schrägheit, das liebe ich, außerdem kann ich mit ihr Kinderlieder singen, auch wenn die Kinder nicht dabei sind und wir haben viel Gaudi miteinander", sagt Gert Bachmayr.
Sie können über alles reden und tun das auch. "Wir streiten nicht richtig, aber diskutieren schon heftig. Kritisch wird’s, wenn er reden will, ich aber meine Ruhe brauche", sagt die 44-Jährige.
Fünf Wohnsitze hatten die Bachmayrs in den vergangenen zwölf Jahren. Der Bauernhof und die Kinder sind jetzt die Fixsterne, daneben ist viel Raum für Spontaneität und Flexibilität. "Um uns als Paar nicht zu verlieren, müssen wir beide daran arbeiten. Wir fahren zweimal im Jahr alleine weg und gehen öfter gemeinsam Essen", sagt Claudia Bachmayr. Auch der Life Ball in Wien stand bereits mehrfach auf dem Programm. "Manchmal muss ich Gert auch aus seinem Alltag als Chef herausholen."
"Wer, wenn nicht wir" ist das Lieblingslied der Bachmayrs, das auch bei der Hochzeit gespielt wurde. Dazu lasen sie einen Text von Khalil Gibran über die Liebe (siehe unten). "Liebt einander, aber macht aus der Liebe keine Fessel" heißt es darin. Das nehmen sich die beiden zu Herzen.
In zwanzig Jahren wollen sie wieder in der Stadt wohnen. "Vielleicht in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Barcelona", sagt er. "Genau – und eine zweite in Linz", sagt sie.
Philosophisches
Claudia und Gert Bachmayr lieben es zu philosophieren. Das zeigte sich schon bei dem Rätsel, das er ihr schickte, um sie zum zweiten Date einzuladen. Der zweite Text des Philosophen Khalil Gilbran wurde bei der Hochzeit gelesen.
Das Rätsel fürs Treffen: Der Tag wird kommen an dem auch ich mich zu den Narren zählen darf. Die Minute gleicht der Stunde und von da an beginnt ein Countdown von 8 Std. und 49 Min. Ich werde auf dich warten an einem Platz den Tiere lieben und an dem der Mensch das Tier liebt und verabscheut zugleich. Hier werde ich auf dich warten und sehen, ob Narr oder nur genarrt.
Auflösung: Treffen im paa
(vegetarisches Restaurant in Linz), am 11. 11., 20 Uhr
Hochzeit: Claudia und Gert Bachmayr haben 2009 geheiratet (siehe Bild unten). Dabei wurde dieser Text gelesen:
"Ihr wurdet zusammen geboren, und ihr werdet immer zusammen sein. Ihr werdet zusammen sein, wenn die weißen Flügel des Todes eure Tage scheiden ... Aber lasst Raum zwischen euch, und lasst die Winde des Himmels zwischen euch tanzen. Liebt einander, aber macht aus der Liebe keine Fessel. Lasst sie vielmehr ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein. Füllt einander den Becher, aber trinkt nicht aus einem Becher. Gebt einander von eurem Brot, aber esst nicht vom selben Laib. Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich, aber lasst einander auch alleine sein, so wie die Saiten einer Laute alleine sind, aber doch durch dieselbe Musik schwingen. Gebt einander eure Herzen, aber nicht in gegenseitige Aufsicht, denn nur die Hand des Lebens kann eure Herzen ganz umfassen. Steht einer beim anderen, aber steht nicht zu nah, denn die Säulen des Tempels stehen einzeln, und Eiche und Zypresse wachsen nicht im gegenseitigen Schatten."