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"Twelve Years A Slave": Ein Film, der schmerzt

Von Nora Bruckmüller, 15. Jänner 2014, 00:04 Uhr
Twelve Years A Slave: Ein packender Film, der schmerzt wie ein Peitschenhieb
Als bester Film mit einem Oscar ausgezeichnet: das Sklavendrama "12 Years a Slave" mit Chiwetel Ejiofor Bild: Tobis

Steve McQueens Drama "Twelve Years A Slave" erschüttert mit seiner Geschichte und besticht mit seiner Ästhetik.

"Deine Geschichte ist erstaunlich. Aber nicht auf die gute Art", sagt Brad Pitt als Handwerker Bass zum geschundenen Sklaven Pratt, dessen wahrer Lebensweg die Grundlage für das mit dem Golden Globe prämierte Drama "Twelve Years A Slave" bildet.

In der gleißenden Mittagshitze errichten sie im 19. Jahrhundert auf einer Baumwollplantage im US-Staat Georgia einen weiß gestrichenen Pavillon. Bass hört, was der Zuschauer 133 Minuten lang zu sehen bekommt, und zwar eine Geschichte, die einen schmerzen und die Scham für Taten vergangener Generationen vom Magen ins Gesicht kriechen lassen kann.

Wie Bass möchte man zu Regisseur Steve McQueen sagen: "Dein Film ist erstaunlich. Aber nicht auf die gute Art." Wenn man die gute Art als leichtfüßige Zerstreuung definieren würde. Die "nicht gute Art" steht für ein erschütterndes Werk, das den Inhalt formal fantastisch, ohne Pathos, stützt.

Zuerst Vater, dann ein Niemand

Sklave Pratt trägt als Bürger und Mensch den Namen Solomon Northup. Er lebte rechtlich anerkannt als freier Mann im Staat New York, war ein talentierter Geigenspieler, liebevoller Familienvater, bis er von rassistischen Südstaatlern betäubt, entführt und verscherbelt wurde. Ein Gesicht gibt ihm Chiwetel Ejiofor, ein in Europa noch unbekannter Schauspieler. Ejiofor stemmt mit seiner Mimik und seiner eindringlichen Körperlichkeit das facettenreiche emotionale Spektrum des Films.

Im zwölfjährigen Überleben Northups als Sklave, in dem sich Erniedrigung an Züchtigung, Verzweiflung an Hilflosigkeit reiht, erzählen Ejiofors Züge aber nur einmal von Zufriedenheit und Güte – im Beisein seiner Familie. Sonst sind sie verhärtet, schlaff, ausgesaugt, beben vor Angst, dann Wut.

McQueens ausgeprägtes Gefühl für dosierte Arrangements zeigt sich – neben der Art, wie er seinen Hauptdarsteller anleitete – im Einsatz von Gewalt. Das pfeifende Geräusch einer Peitsche, die durch die Luft segelt, bevor unter ihr die Haut zerplatzt, hört man nur in wenigen Szenen, aber dafür so lange, dass es im Kopf nachklingt. Diese Authentizität, die es so schwer macht, sich einzureden, dass das ja nur ein Film sei, wiederholt der Künstler McQueen in seinen Bildern. Seine prägendsten Einstellungen erinnern an Gemälde, die Furcht und Verständnislosigkeit für den Moment bannen. Etwa, wenn ein Aufseher dem Sklaven Pratt, umringt von noch mehr ausgemergelten Seelen, Befehle hinknallt. Dank ausgeklügeltem Einsatz von Licht und Perspektive wirkt dieses Bild so plastisch, als stünde man davor.

Dabei lebt "Twelve Years A Slave" von langen Periode der Stille, die am jähsten von den Plantagenbesitzern unterbrochen wird.

Michael Fassbender reibt sich exzellent als prügelnder, saufender, bigotter Herr auf, an dem gar nichts meisterlich ist, außer sein Versagen als Mensch. Benedict Cumberbatch steht ihm als Plantagenbesitzer in nichts nach. Er will Pratt retten, muss ihn aber auf seinem eigenen Besitz vor dem Aufseher Tibeats im Gewaltrausch (Paul Dano) schützen.

Dieses flirrende moralische Gesamtbild spiegeln die ländlichen Lichtverhältnisse wider: nichts ist nur hell oder dunkel, dazwischen ist die finsterste, tiefste Nacht oder wärmende Morgenröte. Das ist zwar schön anzusehen, aber nie nur auf die gute Art.

"Twelve Years A Slave": USA 2013, 133 Min., Regie: Steve McQueen

OÖN Bewertung:

Hintergrund zum Film und Genre

Solomon Northup: Die Figur eines versklavten Mannes, die Chiwetel Ejiofor spielt, basiert auf dem Leben von Solomon Northup. Das Buch, das er über seine Jahre als Sklave schrieb, ist 150 Jahre alt. Es wurde 1853 das erste Mal publiziert. Dass es nicht in Vergessenheit geriet, ist der vor drei Jahren verstorbenen Historikerin Sue Eakin aus Louisiana zu verdanken. Sie hatte das Buch als Kind gelesen, später kaufte sie eine Ausgabe um 25 Cent. 1986 war sie Mitherausgeberin einer Neuauflage.

New Black Cinema: In Fachzeitschriften wird die Härte, mit der Steve McQueen die Brutalität der Vergangenheit darlegt, wohlwollend aufgenommen. Dennoch gilt in den USA inzwischen noch stärker das Fernsehen als Ort
offener gesellschaftlicher Kritik. Dass Filme wie „Django Unchained“ oder „The Butler“ (2013) gedreht werden, entspricht auch der Filmtheorie, die davon ausgeht, dass soziale Katastrophen wie Kriege und Genozide erst nach Phasen langer Verarbeitung im Kino behandelt werden.

 

 

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4  Kommentare
4  Kommentare
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Gugelbua (32.966 Kommentare)
am 15.01.2014 16:20

verdienten sich dumm und dämlich am Sklavenmarkt.
Portugal hat gleich hunderttausende auf den Kapverden verhungern lassen und vertuscht es bis heute.
"Der Mensch ist nur gut solange es ihm gut geht"

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( Kommentare)
am 15.01.2014 13:12

die Mitarbeiter in Tintenburgen in Österreich
und derer Verständnis
für Recht und Ordnung noch viel mehr!

Seitwann ist Sklavenarbeit in Österreich abgeschafft oder gilts bei vielen nicht als Schmarotzer wennst arbeitslos bist. Egal warum!

Wer hinterfragt schon warum es so ist.
Wie gebildet sind Österreichs Bürger?

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Zaungast_17 (26.829 Kommentare)
am 15.01.2014 09:34

sind leider nicht nur auf die Vergangenheit beschränkt.

sicher ein Film zum Nachdenken

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( Kommentare)
am 15.01.2014 09:16

an "Onkel Toms Hütte"? Oder an die Fersehserie "Roots"? War vielleicht Europa anders, als hier noch die Leibeigenschaft die Gesellschaft bestimmte?
Das Herrschaftsdenken ist doch heute noch in vielen Köpfen.
Der Mensch als Unmensch ist Tatsache und überall anzutreffen.

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