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HIV: Schrecken der Krankheit ist weg, "Kondom-Müdigkeit" als Folge

Von Barbara Rohrhofer, 05. Juni 2019, 08:02 Uhr
HIV: Schrecken der Krankheit ist weg, "Kondom-Müdigkeit" als Folge
Schrill, schräg, aufsehenerregend: Das war der Life Ball 26 Jahre lang. Bild: APA

Aus für den Life Ball: Einer der Gründe ist die gute Behandelbarkeit der HIV-Infektion.

Der Life Ball, Österreichs buntestes Charity-Spektakel, geht kommenden Samstag wahrscheinlich zum letzten Mal über die Bühne. Die Gründe für das Aus: weniger Sponsorgelder der Pharmaindustrie und ein heftiger Streit der Organisatoren ums Geld mit der Stadt Wien. Diese gab kürzlich bekannt, das Event eventuell in "einer anderen Art und Weise" weiterführen zu wollen. Ein weiterer Grund für das Finale ist, dass sich im Kampf gegen Aids sehr viel getan hat. "Aids hat sich von einem Todesurteil in ein chronisches Leiden verwandelt", sagt Life-Ball-Organisator Gery Keszler, der das Event seit 26 Jahren gelenkt hat.

Die OÖNachrichten haben zu diesem Thema die HIV/Aids-Spezialisten Angela Öllinger und Matthias Skocic von der Abteilung für Dermatologie und Venerologie vom Kepler-Universitätsklinikum Linz zum Interview gebeten.

HIV: Schrecken der Krankheit ist weg, "Kondom-Müdigkeit" als Folge
„Bei den Jungen zeichnet sich eine gewisse Kondom-Müdigkeit ab. Aber auch in der Politik ist man der Meinung, HIV ist eh nicht so schlimm.“ Angela Öllinger, Dermatologin und HIV-Expertin KUK
HIV: Schrecken der Krankheit ist weg, "Kondom-Müdigkeit" als Folge
„Menschen mit HIV haben unter funktionierender Therapie eine annähernd normale Lebenserwartung und können die Infektion nicht weitergeben.“ Matthias Skocic, Assistenzarzt Dermatologie KUK

OÖN: Früher noch Todesurteil, heute chronische Erkrankung: Mit einer HIV-Infektion kann in unseren Breiten nahezu jeder Patient effektiv behandelt werden. Stimmt das?

Matthias Skocic: Menschen mit HIV haben unter funktionierender Therapie eine annähernd normale Lebenserwartung und können die Infektion nicht weitergeben.

Angela Öllinger: Allerdings gibt es auch in Europa – besonders in Osteuropa – Regionen, wo die Behandlung nicht gewährleistet ist.

Haben HIV und Aids den Schrecken verloren? Und: Ist das Aus des Life Balls eine Folge davon?

Angela Öllinger: In der Bevölkerung wird HIV/Aids nicht mehr als so bedrohlich wahrgenommen wie früher. Dies trifft insbesondere auf Menschen zu, die in der Ära nach 1997 groß geworden sind, in der es erstmals eine effektive Therapie gegen HIV gab. In dieser Generation zeichnet sich – überspitzt gesagt – eine gewisse "Kondommüdigkeit" ab. Aber auch die Politik ist nicht mehr so eifrig bei der Sache, da HIV "eh nicht so schlimm ist". Dabei wäre es gerade jetzt wichtig, Präventionsarbeit zu betreiben … Für das Aus des Life Balls gibt es sicherlich viele Gründe, ob die allgemeine Ermüdung bezüglich des Themas ursächlich dafür ist, sei dahingestellt.

Wie geht es den betroffenen Menschen mit der Therapie?

Angela Öllinger: Ein Großteil der Patienten bekommt ein bis zwei Tabletten täglich. Damit lässt sich die HIV-Infektion erfolgreich kontrollieren. Natürlich gibt es auch Nebenwirkungen.

Die Krankheit ist – obwohl gut behandelbar – noch immer mit einem Stigma behaftet.

Matthias Skocic: Ja. Infizierte werden ausgegrenzt: im Beruf, aber auch in der medizinischen Behandlung. Angela Öllinger: Deshalb wird Patienten auch heute zumeist noch geraten, die Infektion möglichst geheim zu halten. Es ist bezeichnend, dass sich der Organisator des Life Balls, Gery Keszler, erst nach 25 Jahren offen dazu bekannte.

Was sind die Symptome einer HIV-Infektion?

Matthias Skocic: Grundsätzlich ähnelt eine frische HIV-Infektion sehr oft einer Grippe. Das heißt aber nicht, dass jeder mit Fieber und Halsschmerzen einen HIV-Test braucht. Wichtiger ist die Frage, ob ich in den vergangenen Wochen ein Risiko hatte, mich mit HIV zu infizieren.

Wo kann ich einen HIV-Test machen?

Matthias Skocic: Ein solcher Test kann jederzeit und anonym bei den Aids-Hilfen gemacht werden. Darüber hinaus wird er bei spezialisierten Ärzten und in Zentren angeboten. Wichtig ist, sich bei Unklarheiten schnell an Spezialisten zu wenden. Wenn man erst kürzlich – in den letzten 72 Stunden – einem Risiko ausgesetzt war, sollte man umgehend ein spezialisiertes Zentrum aufsuchen.

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Autorin
Barbara Rohrhofer
Leiterin Redaktion Leben und Gesundheit
Barbara Rohrhofer
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