Prozess um Home-Invasion: Vater und Sohn sollen Coup geplant haben
WELS. Nach einem Überfall auf ein Paar mit Baby in dessen Wohnung in Wels, bei dem unter anderem Krypto-Geld im Wert von 210.000 Euro erbeutet wurde, sind am Mittwoch fünf Männer vor Gericht gestanden.
Drahtzieher soll ein 21-jähriger Österreicher gewesen sein. Laut Staatsanwaltschaft habe er den Coup mit seinem Vater geplant. Der zwanzigfach vorbestrafte Senior sitzt in U-Haft und wird gesondert verfolgt.
Neben dem 21-Jährigen sind zwei 26-jährige Tschetschenen sowie zwei weitere Österreicher angeklagt. Von letzteren soll einer das Wegtransferieren des Kryptogeldes übernommen haben. Alle fünf sind laut ihren Verteidigern im Wesentlichen geständig, manche wollen aber nur von einer Schuldeneintreibungsaktion ausgegangen sein und nicht gewusst haben, dass auch eine Frau und ein Baby in der Wohnung sein werden. Die Staatsanwältin sieht das anders: Den Beschuldigten sei das sehr wohl klar gewesen. Sie wirft den Männern erpresserische Entführung, schweren Raub, schwere Nötigung und schwere Erpressung vor.
Am 19. Juni des Vorjahres läuteten die Täter am späten Vormittag bei der Familie in Wels, gaben sich als Paketzusteller aus und verschafften sich so Zutritt zur Wohnung. Der selbstständige Kryptowährungs-Trader wurde zunächst in einem Abstellraum mit Klebeband an einen Sessel gefesselt. Seine Lebensgefährtin wurde ebenfalls gefesselt und mit einem Klebeband auf dem Mund ins Schlafzimmer gesperrt. Dorthin brachten die Täter auch das Baby.
Video: Wels: Prozess nach brutalem Überfall
Eineinhalb Stunden lang hielten sich die Räuber in der Wohnung der Familie auf. Das Paar wurde immer wieder bedroht - unter anderem damit, dass man ihnen und der kleinen Tochter etwas antun werde - und nach Wertgegenständen sowie den Zugangscodes zu diversen Online-Börsen gefragt. Teilweise wurde den Forderungen und Drohungen mit einem Messer Nachdruck verliehen.
Erbeutet wurden Schmuck, Goldmünzen, Elektronikgeräte sowie teure Markenkleidung. Zudem transferierten die Täter noch in der Wohnung Kryptogeld im Wert von 210.000 Euro von den Konten des Traders weg. Dann flüchteten sie und ließen das Paar gefesselt zurück - mit der Warnung, man werde anderen Familienmitgliedern etwas antun, wenn sie die Polizei einschalten würden.
Am Vormittag begann das Gericht damit, die Angeklagten getrennt voneinander zu befragen. Jener Mann, der in der Wohnung die Transaktionen durchgeführt haben soll, berichtete, er habe selbst bei dem späteren Opfer Geld angelegt und einen fünfstelligen Betrag verloren. Er sei davon ausgegangen, dass es nur ums Eintreiben von Schulden gehe. Dann habe die Sache aber eine "furchtbare Eigendynamik" entwickelt.
Angeklagte wollten "Schulden eintreiben"
Nach Mittag wurden vom Gericht die beiden tschetschenischen Angeklagten befragt. Auch sie wollen beide davon ausgegangen sein, dass es lediglich ums Schuldeneintreiben gehe. Beide zeigten sich geständig, spielten die Dimension der Tat aber herunter.
Ihm seien für die Teilnahme an dem "Blödsinn" 6.000 Euro versprochen worden, berichtete einer der beiden, bekommen habe er aber nichts. Er beteuerte, der Kryptohändler sei weder geschlagen noch bedroht und erst ganz zum Schluss gefesselt worden. Ein Messer sei auch nur zum Abschneiden von Klebeband zum Einsatz gekommen. Der 26-Jährige spricht sehr gut Deutsch, hatte einen gut dotierten Job und ist bisher unbescholten - warum er sich dann zur Teilnahme an der Tat überreden habe lassen, wollte das Gericht wissen: "Aus Naivität" und "weil ich nicht als feiges Huhn dastehen wollte".
Sein mitangeklagter Landsmann äußerte sich ähnlich: Auch er ist nach eigener Aussage davon ausgegangen, dass Schulden eingetrieben werden sollten, und zwar 30.000 Euro. Von der hohen Beutesumme habe er erst zwei Tage später im Radio gehört. Auch er betonte, das Messer, mit dem die Opfer gemäß Anklage bedroht worden sein sollen, sei nur zum Abschneiden von Klebeband benutzt worden.
Am Mittwoch sollten noch die übrigen Angeklagten befragt werden. Am Donnerstag sind die Zeugen an der Reihe, darunter das überfallene Paar. Dann könnte der Geschworenensenat bereits ein Urteil sprechen.