"In diesem Moment sind mir die Tränen gekommen"
RIED. Franz Pumberger spricht über seinen lebensbedrohlichen Herzinfarkt, die perfekte Rettungskette, seine Emotionen und den Weg zurück.
RIED. "Ja, man nimmt die Freuden des Lebens anders wahr. Das hält nach wie vor an", sagt Franz Pumberger. 19 Jahre lang war der 72-Jährige Bezirkshauptmann in Ried. Ende 2016 ging der allseits geschätzte Rieder, der vier Kinder und vier Enkelkinder hat, in Pension. Zudem war Pumberger bis 2022 rund 15 Jahre lang Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes. Im OÖN-Interview spricht Pumberger über seinen lebensbedrohlichen Herzinfarkt vor rund zwei Jahren, den Weg zurück und die Zeit, die ihm durch das rasche Eingreifen der Notärzte und einer perfekt funktionierenden Rettungskette "geschenkt" wurde.
OÖN: Können Sie uns bitte gedanklich mit in den 10. November 2022 nehmen?
Franz Pumberger: Es war ein ziemlich trüber Herbsttag. Ich war mit meiner Frau am Nachmittag einkaufen, anstrengende Tätigkeiten habe ich keine ausgeführt. Von einer Minute auf die andere spürte ich dann ein Stechen und Brennen im Herzbereich, zudem habe ich kaum noch Luft bekommen. Mein großes Glück war, dass meine Frau Renate daheim war. Dann ist alles sehr schnell gegangen. Der Notarzt war innerhalb weniger Minuten da. Kurz danach bin ich schon bewusstlos geworden. Im Auto bin ich noch einmal kurz zu mir gekommen. Dann hatte ich auf dem Weg ins Klinikum Wels auf Höhe Haag einen Herzstillstand. In diesen Momenten der Reanimation fällt die Entscheidung, ob man überlebt oder nicht.
Wie ging es anschließend weiter?
Neun Tage lang war ich auf der Intensivstation in Wels, an all die Geräte zur Überwachung angeschlossen. Nach und nach bin ich aus dem Tiefschlaf erwacht. Ich glaube am Samstag habe ich erstmals wahrgenommen, dass mich jemand besucht. Aber es ist dann Tag für Tag besser geworden.
Wann stand fest, dass Sie diesen Herzinfarkt ohne bleibende Schäden überleben werden?
Das weiß ich noch sehr gut. Am Montag nach dem Herzinfarkt kam ein Arzt an mein Krankenbett und hat zu mir gesagt, dass ich viel Glück gehabt habe und den Herzinfarkt aller Voraussicht nach ohne dauerhafte Beeinträchtigungen überleben werde. Diesen Satz werde ich nie vergessen. Grund dafür war die ausgezeichnete Arbeit des Notarztteams, zudem hat die Rettungskette angefangen von der Rettungsleitstelle hervorragend funktioniert. Auch die Betreuung und Versorgung durch die Ärzte und das Pflegepersonal in den beiden Krankenhäusern Wels und Ried haben großen Anteil an meiner Genesung.
Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen, dass Sie den schweren Vorderwandinfarkt wohl ohne Schäden überleben werden?
In diesem Moment hatte ich Tränen des Glücks in den Augen. Es war ein sehr emotionaler Moment. Dank der Ärzte und Rettungskräfte wurden mir hoffentlich noch einige schöne Jahre im Kreise meiner Familie und meiner Enkelkinder geschenkt. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Im Jänner kommt übrigens unser fünftes Enkelkind auf die Welt.
Nehmen Sie seither die Freuden des alltäglichen Lebens anders wahr?
Ja, und das hält nach wie vor an. Ich genieße jeden Moment, das Leben ist schön.
Gab es, im Nachhinein gesehen, Anzeichen für den Herzinfarkt?
Ich habe beim Radfahren rund zwei Wochen vor dem Herzinfarkt ein bisschen etwas gespürt. Bei den Untersuchungen ist nichts herausgekommen, auch das EKG und die Blutwerte waren völlig in Ordnung. Ich muss dazusagen, dass auch meine Mutter und mein Vater einen Herzinfarkt hatten. Mein Vater ist in Folge des Herzinfarkts vier Jahre später leider verstorben. Allerdings war die Medizin in den 90er-Jahren noch nicht so weit wie heutzutage. Meine Mutter lebt glücklicherweise noch.
Wie schwer war die Situation für Ihre Familie?
Schwer. Der große Zusammenhalt und das Mitgefühl haben mich aufgebaut. So etwas gibt einem viel Kraft.
Wie hat die Rehabilitationsphase ausgesehen?
Ich wurde nach rund einer Woche von Wels nach Ried überstellt, wo ich noch einige Tage auf der Intensivstation gelegen bin. Ich war dann noch ungefähr drei Wochen auf der normalen Station. Zu Beginn war das Aufstehen alleine nicht möglich. Man freut sich dann umso mehr über die kleinen Fortschritte, die man macht. Abschließend war ich dann noch rund zweieinhalb Wochen auf der Station der Remobilisation des Rieder Spitals, wo ich perfekt betreut wurde. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die 2022 im Dezember stattfand, war eine durchaus willkommene Abwechslung (lacht). Am Silvestertag habe ich dann meine vierwöchige Reha in Bad Ischl angetreten. Schritt für Schritt ist eine gewisse Selbstständigkeit zurückgekehrt. Aber ich habe schon gemerkt, dass mein Weg zurück kein leichter ist. Den Abschluss machte dann noch eine sechs Monate lange ambulante Reha im Krankenhaus Ried, die ich ein halbes Jahr lang gemacht habe.
Gibt es rund zwei Jahre nach dem Herzinfarkt noch größere Einschränkungen im Alltag?
Früher bin ich beispielsweise auf mehrtägige Fahrradreisen mitgefahren, zum Teil auch ins Ausland. Das mache ich nicht mehr. Radfahren und Spazierengehen gehören aber nach wie vor zu meinem Alltag. Komplett einschränken tu ich mich nicht. In einer gewissen Weise ist vieles wohl auch Schicksal. Ich bin froh, dass ich geistig voll auf der Höhe bin und ein selbstbestimmtes Leben führen kann.
Vor zwei Wochen feierte die Rettungsleitstelle Innviertel das 25-jährige Jubiläum, den Notarztdienst gibt es seit 35 Jahren in Ried. Wie wichtig sind diese Einrichtungen?
Einfach unverzichtbar für eine gute medizinische Versorgung und nicht mehr wegzudenken.
Sie waren 15 Jahre lang Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes. Inwiefern haben Ihre ganz persönlichen Erlebnisse den Blick auf die notärztliche Versorgung verändert?
Ich habe bei vielen Anlässen den Mitarbeitern des Roten Kreuzes, darunter etliche ehrenamtliche, immer wieder gedankt. Wenn man am eigenen Leib merkt, wie wichtig diese rasche und professionelle notärztliche Hilfe ist, dann stärkt das die Verbundenheit zum Roten Kreuz noch einmal mehr. Man muss klipp und klar sagen, dass mein Schicksal vor 40 Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für mich den Tod bedeutet hätte. Mir wurde von den Einsatzkräften noch sehr wertvolle Lebenszeit geschenkt, dafür werde ich immer dankbar sein.