Welser Jugendstudie: Sieben von zehn Jugendlichen leben gerne in ihrer Stadt
WELS. Junge sind politikverdrossen, weniger religiös und engagieren sich selten ehrenamtlich.
"Wie lebt sich’s in Wels?" Unter diesem Titel startete die Stadt Wels im Herbst eine Jugendstudie mit dem Wiener Institut für Jugendkulturforschung. 500 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 29 Jahren, mehr als die Hälfte davon mit Migrationshintergrund, wurden befragt. Die meisten nahmen bei einer Onlineumfrage teil, mit einem Teil wurden Einzelgespräche oder Gruppeninterviews geführt, um so ein aktuelles Bild der jungen Generation zu zeichnen. Gestern wurden die ersten Ergebnisse präsentiert.
Demnach beantworten fast 74 Prozent die Frage "Ich lebe gerne in Wels" mit "trifft voll und ganz zu" und "trifft eher zu". 63 Prozent halten Wels für eine lebenswerte Stadt, 65 Prozent fühlen sich sicher.
Das Vertrauen in die Politik ist bei den Jungen im Keller. "Die Politik ist in einer massiven Krise", sagt Studienleiter Bernhard Heinzlmaier. Nur knapp 17 Prozent haben Vertrauen in die österreichische Politik. Der Vertrauenswert in Wels liegt bei 38,5 Prozent. "Das Vertrauen ist höher, wenn man die politischen Entscheidungsträger persönlich kennt und den Eindruck hat, Einfluss nehmen zu können – am höchsten ist das Vertrauen daher auf Gemeindeebene", sagt Heinzlmaier.
Junger Optimismus
Die größten Sorgen bereiten den Jugendlichen die Teuerung und die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich, dennoch sehen mehr als 90 Prozent der Zukunft positiv entgegen.
Religion spielt bei den meisten befragten Jugendlichen eine untergeordnete Rolle. Nur 17 Prozent der Welserinnen und Welser ohne Migrationshintergrund gaben an, streng religiös oder religiös zu sein, der Anteil bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt noch bei 44,6 Prozent. Beim Thema Gleichstellung stimmten fast 87 Prozent zu, dass eine Frau dem Mann gegenüber gleichgestellt ist, bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund waren es 85 Prozent.
Alarmierend ist für die Stadtpolitik das Ergebnis, dass nur 17 Prozent der jungen Menschen ehrenamtlich tätig sind, die meisten sind in einem Sportverein aktiv, unterrepräsentiert sind in den Vereinen junge Frauen. Bürgermeister Andreas Rabl (FP) betont: "Wir müssen uns stärker darum bemühen, das ehrenamtliche Potenzial zu heben. Denn die Vereine sind die Seele jeder Stadt." Die Stadt wird u. a. eine große Werbeaktion für Sport-, Sozial- und Kulturvereine unterstützen und nächstes Jahr auch wieder das Stadtfest organisieren, bei dem sich Vereine präsentieren können. Jugendreferent und FP-Vizebürgermeister Gerhard Kroiß betont, es werde auch mehr Initiativen geben, um junge Welserinnen und Welser, vor allem auch mit Migrationshintergrund, für freiwilliges Engagement bei den Blaulichtorganisationen zu gewinnen.
80 Prozent der Jugendlichen verbringen ihre Freizeit gerne in Wels, das sei laut Studienleiter Heinzlmaier aufgrund der Nähe zu Linz mit seinen vielen Freizeitmöglichkeiten ein guter Wert. Die Stadt will ihre kostenlosen Freizeitangebote daher weiter ausbauen, im Herbst wird der Motorikpark beim Freibad eröffnet, geplant ist auch eine neue Skateboardhalle und Angebote für die Jugend im erweiterten Volksgarten.
Kritik an der Studie und ihrer Methodik kommt von den Welser Grünen sowie dem Verein KernZone für kirchliche Jugendarbeit. "Wir halten die Studie für wenig aussagekräftig, weil sie hauptsächlich online durchgeführt wurde, ohne sicherstellen zu können, dass ausschließlich Jugendliche teilgenommen haben", sagt Gemeinderat Alessandro Schatzmann (Grüne). FP-Fraktionsobmann Paul Hammerl weist dessen Kritik als "unsachlich" und "ideologisch getrieben" zurück.
Dass sich nur 1/7 der Befragten mit Migrationshintergrund als Österreicher sehen zeigt einmal mehr, dass in der Integration vieles schief läuft. Bei einer Jugendstudie kann man schließlich bei Befragten mit Migrationshintergrund davon ausgehen, dass viele hier geboren wurden! Das Ergebnis zeigt, die Integrationsmaßnahmen in der Stadt dürften nicht greifen!