In einem Jahr rollten 75 Waffentransporte durch Österreich
WIEN. Ein Zug mit Panzerhaubitzen fuhr Mitte April durch Österreich. Offiziell für Polen, tatsächlich war die Lieferung für die Ukraine bestimmt. Nicht der einzige Waffentransport, wie eine Anfrage an den Innenminister zeigt.
Im April erregte ein Zug mit 20 Panzern die Gemüter: Das Kriegsgerät aus Italien rollte durch Österreich (Kärnten, Steiermark und Niederösterreich), mit dem offiziellen Ziel in Polen. Laut italienischen Medien waren die Fahrzeuge aber für die Ukraine vorgesehen. Weil das militärische Gerät nicht innerhalb der EU verschickt wurde, hätte es eine Genehmigung der österreichischen Regierung gebraucht.
Das Innenministerium hat, laut eigener Angabe, vom Zielort des Waffentransportes in die Ukraine aus den Medien erfahren und eine Prüfung des Vorfalls angeordnet, berichtet Jochen Habich von der Kleinen Zeitung heute. Die FPÖ hat das zum Anlass genommen für eine Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Der stellt in seiner Antwort klar, dass die italienischen Behörden für die "Durchfuhr von Kriegsmaterial von Italien in die Ukraine" keine Anträge gestellt haben, so Habich.
Großexporteur war Serbien
Andere Staaten waren beim Beantragen von Durchfuhrbewilligungen fleißiger: Vom 24. Februar 2022 bis Ende April 2023 rollten laut Anfragebeantwortung nicht weniger als 75 Waffentransporte durch Österreich. Alle korrekt gemeldet und vom Innenministerium (BMI) bewilligt. Gründe, einen Transport nicht zu erlauben, gab es laut BMI nicht. Die meisten Transporte (22) kamen aus Serbien und gingen nach Deutschland, Frankreich oder weiter in die USA. 15 Transporte kamen aus der Schweiz und zehn aus Bosnien-Herzegowina. Das durch Österreich transportierte Kriegsmaterial umfasste "halb- und vollautomatische Schusswaffen, Munition und Granaten".
Keine Anträge
Zum umstrittenen Ukraine-Transport will man jetzt den Ball offenbar flach halten: Seitens italienischer Behörden wurde mitgeteilt, dass am 15. April 2023 ein Zug einen Transport von Italien nach Polen durchführen wird, heißt es von Harald Sörös, Sprecher des Innenministeriums: "Bei der Ausfuhr handelte es sich um Kriegsmaterial, das laut österreichischem Kriegsmaterialgesetz keine Genehmigung braucht. Es gab für diesen Transport eine Aus- und Einfuhrgenehmigung beider EU-Staaten. Für den Transit wird keine Bewilligung nach dem Kriegsmaterialgesetz benötigt."
Dass es für den Waffentransport in die Ukraine keine Anträge gab, bleibt unaufgelöst. "Der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage ist nichts mehr hinzuzufügen", sagt Markus Haindl, Sprecher von Minister Karner.
Österreich hatte keine Wahl
Die Gesetzeslage ist klar: Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial durch Österreich braucht grundsätzlich eine Genehmigung. Diese wird vom Innenministerium erteilt, im Einvernehmen mit Europa- und Verteidigungsministerium. Keine Genehmigung braucht es, wenn der Transport aus einem EU-Staat kommt oder in einen geht. Allerdings muss der "exportierende" EU-Staat eine Ausfuhrbewilligung vorlegen.
Doch selbst wenn Österreich im April vorab gewusst hätte, dass die Panzer für die Ukraine bestimmt sind, hätte es die Durchfuhr nicht verhindern können. "Österreich ist im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verpflichtet, Mitgliedsstaaten die Durchfuhr von Kriegsmaterial für die Ukraine zu erlauben", sagte EU- und Völkerrechtsexperte Walter Obwexer im Gespäch mit der Kleinen Zeitung. Einen entsprechenden Beschluss auf europäischer Ebene habe Österreich mitgetragen. Will heißen: So oder so musste Österreich die Panzerhaubitzen passieren lassen.
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