Verwaltungsstrafen: Unternehmen müssen vor Gericht ihre Unschuld beweisen
LINZ. Um Firmen für Verwaltungsstrafverfahren fit zu machen, hat die Wirtschaftskammer Oberösterreich gemeinsam mit Juristen eine Checkliste erstellt.
Baurecht, Naturschutz, Abfallrecht oder Arbeitnehmerschutz: Wird gegen diese Vorschriften verstoßen, werden die Verwaltungsgerichte tätig. Eine Checkliste soll Unternehmen nun dabei helfen, ihre internen Kontrollsysteme zu verbessern und für Verfahren aufzubereiten. Die Liste wurde auf Basis langjähriger Spruchpraxis der Gerichte ausgearbeitet. Eine "Regelungs-Inflation" und die Androhung von höheren Strafen würden den Betrieben immer größere Aufmerksamkeit abverlangen, sagt Stefan Leitl.
Der Geschäftsführer des Ziegelherstellers Leitl ist Vorsitzender der Strategiegruppe "Betrieb und Umwelt" der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Die gemeinsam mit der Linzer Rechtsanwaltskanzlei Haslinger und Nagele erstellte Checkliste soll Unternehmen - egal wie groß und aus welcher Branche - ermöglichen, vor Gericht den Beweis für ihre Unschuld zu erbringen, sagt Leitl. Geplant sind auch "Stresstests", um den Ernstfall im Betrieb zu proben.
"Vielfach keine Unschuldsvermutung"
"Im Verwaltungsstrafverfahren gilt vielfach keine Unschuldsvermutung", sagt Wilhelm Bergthaler. Der Dekan der juristischen Fakultät an der Linzer Kepler-Universität und Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei Haslinger und Nagele leitete das Projekt. Es herrsche im Verwaltungsstrafrecht oft der Ansatz, dass ein Unfall oder Fehler vorhersehbar gewesen sei.
"Ein Verschulden liegt nur dann nicht vor, wenn der Verantwortliche nachweist, dass er in seinem Unternehmen ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, das regelmäßig evaluiert wird", sagt Bergthaler. Auch Qualitätsmanagementsysteme (wie eine ISO-Zertifizierung) seien vor Gericht kein "Persilschein", gibt der Jurist zu Bedenken.
Vertrauen gilt nicht, es braucht Kontrollen
Heikle Fälle gäbe es zum Beispiel für Baufirmen: Die Argumentation, man habe einem erfahrenen Mitarbeiter vertraut, dass er die Schutzvorschriften auf der Baustelle einhalte, lasse das Gericht nicht gelten. Stichprobenartige Kontrollen reichen nicht aus, auf der Baustelle brauche es mindestens zwei Kontrollbeauftragte.
Auch für den Fall, dass einer dieser Mitarbeiter ausfällt, muss das Unternehmen vorsorgen. Schulungen müssen schriftlich dokumentiert werden. Was naturschutzrechtliche Vorgaben auf einer Baustelle betrifft, müsse das Unternehmen dafür Sorge tragen, dass jeder Mitarbeiter genau über die Regeln informiert ist.
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Die Richter der Landesverwaltungsgerichte erkundigen sich in jedem Einzelfall genau über die bestehenden und fehlenden Kontrollinstrumente in den Betrieben, sagt Bergthaler. Nur wenn ein "nahezu perfektes Kontrollsystem" nachgewiesen werden kann, ist es möglich, dass kein Verschulden bei dem Unternehmen festgestellt wird.