"Bandenkrieg" in Wien - Zwei Festnahmen nach Schießerei in Park
WIEN. Im Zusammenhang mit der in der Bundeshauptstadt schwelenden, teils mit Stich- und Schusswaffen ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen jungen Männern mit tschetschenischen Wurzeln auf der einen und syrischer bzw. afghanischer Abstammung auf der anderen Seite, hat es nun zwei weitere Festnahmen gegeben.
Es handelt sich um zwei Syrer im Alter von 19 und 34, wie zunächst die "Kronen Zeitung" berichtete. Das Landesgericht hat über die beiden bereits die U-Haft verhängt.
Als Haftgründe wurden Tatbegehungs- und Fluchtgefahr angenommen, teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn Freitagmittag auf APA-Anfrage mit. Gegen den 19-Jährigen wird laut Salzborn von der Staatsanwaltschaft wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung und qualifizierter gefährlicher Drohung ermittelt, gegen den Älteren wegen gefährlicher Drohung mit dem Tod. Einer der beiden weist eine Vorstrafe wegen gefährlicher Drohung auf. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat hinsichtlich der beiden Syrer bereits ein Verfahren zur Aberkennung ihres Schutzstatus eingeleitet, gab das Innenministerium bekannt.
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Wild-West-Szenen in der Brigittenau
Ausgangspunkt des Ganzen waren Wild-West-Szenen, die sich in der Nacht auf den 6. Juli im Anton-Kummerer-Park in der Brigittenau abgespielt hatten. Junge Männer aus Syrien und Tschetschenen hatten sich damals dort versammelt und waren gegen 21.45 Uhr mit Holzlatten, Pfeffersprays, Messern und Schusswaffen aufeinander losgegangen, drei Personen wurden verletzt. Einer von ihnen war ein Bekannter des 19-Jährigen, der im Brustbereich verwundet wurde. Der 19-Jährige selbst dürfte von einem vom Asphalt abprallenden Projektil am Daumen getroffen worden sein, das ein Tschetschene mit einer Schusswaffe abgefeuert hatte.
Um sich dafür zu rächen, sollen der 19-Jährige und der 34-Jährige nach Informationen der APA unmittelbar nach der Schießerei in ein Lokal am Leipziger Platz gelaufen sein, in dem sich zu diesem Zeitpunkt mehrere Tschetschenen aufhielten. Der 19-Jährige zog ein Messer und soll sinngemäß gerufen haben, er werde im Namen Allahs jetzt jemandem den Kopf abschneiden. Er soll dann auch auf einen Tschetschenen losgegangen sein, der im Zug der Tätlichkeiten zu Boden ging. Es soll ihm aber nicht gelungen sein, auf den Mann einzustechen. Dank Bildern aus der Überwachungskamera im Lokal kam man den beiden Syrern auf die Spur. Sie konnten vom Landeskriminalamt Wien und dem Bundeskriminalamt ausgeforscht werden.
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U-Haft von 29-Jährigen verlängert
Im Zusammenhang mit der Schießerei im Anton-Kummerer-Park sitzt bereits seit knapp zwei Wochen ein 29-jährige Tschetschene in U-Haft. Diese wurde um weitere vier Wochen bis zum 22. August verlängert, wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn mitteilte. Der 29-Jährige soll in seinem BMW mehrere Landsmänner an den Tatort gebracht haben. Gegen ihn wird wegen Beteiligung am versuchten Mord ermittelt. Bisher konnten ungeachtet aller Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden keine weiteren Tschetschenen festgenommen werden, obwohl es - wie aus Ermittlerkreisen zu hören ist - konkrete Hinweise auf Verdächtige geben soll. Der inhaftierte 29-Jährige erweist sich allerdings als "Steher": er hat dem Vernehmen nach bisher keine Angaben gemacht, die auf die Spur seiner Fahrgäste und mutmaßlichen Mittäter geführt haben.
Offen ist, ob die zwei festgenommenen Syrer an der weiteren Gewaltspirale beteiligt waren, die sich nach dem Geschehen im Anton-Kummerer-Park in Gang gesetzt hatte. In der darauf folgenden Nacht hatte es in der Brigittenau eine weitere Schlägerei zwischen den verfeindeten Gruppierungen gegeben, in der übernächsten Nacht wurden dann am Bahnhof Meidling vier Männer niedergestochen bzw. -geschlagen und schwer verletzt.
Motiv der Feindseligkeiten sollen angebliche Ehrverletzungen, behauptete Belästigungen von Frauen und Racheakte für vergangene Vorfälle sein. Zündstoff soll vor allem ein am 3. Juni im Arthaberpark angeblich von Syrern niedergestochener und lebensgefährlich verletzter Tschetschene gewesen sein, wobei der 30-Jährige mittlerweile wieder genesen ist und unlängst dem TV-Sender "Puls24" ein TV-Interview gegeben hat.
Ermittlungen "mit Hochdruck" fortgesetzt
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte indes am Freitag an, in diesem gewalttätigen ethnischen Konflikt würden die Ermittlungen "mit Hochdruck" fortgesetzt, "um weitere Straftäter auszuforschen und festzusetzen". Dieter Csefan, der Leiter der neu geschaffenen Einsatzgruppe gegen Jugendkriminalität (EJK) im Bundeskriminalamt, sagte im "Ö1 Morgenjournal", man habe in Wien "ethnische Konflikte im öffentlichen Raum, in Parkanlagen". Arabischstämmige Männer und Tschetschenen würden sich "verabreden und aufeinander losgehen". Die Gruppierungen seien "eher lose zusammengewürfelt", wobei man bei den Tschetschenen "mehr von Bandengruppierungen" sprechen könne. Die Syrer, die sich unter dem Namen 505 titulieren, würden sich über Messenger-Kanäle mobilisieren und könnten "innerhalb kürzester Zeit 20 bis 30 Leute zusammentrommeln", sagte Csefan.
Uniformierte Kräfte seien täglich im Einsatz, um dieser Form der Kriminalität Herr zu werden, versicherte Csefan. Man habe auch gesehen, dass Waffenverbotszonen - etwa jene um den Reumannplatz und den Keplerplatz in Favoriten - wirken. Die gewaltbereiten jungen Männer würden jedoch ihre Strategien anpassen - etwa, indem Waffen nicht mehr mitgeführt, sondern Messer an bzw. in Mistkübel geklebt und Schlagstöcke in Papiercontainern versteckt werden: "Wenn es dann zu einer Auseinandersetzung kommt, sind die (Waffen, Anm.) dann vor Ort verfügbar."
"Die Polizei kann dieses Problem nicht allein lösen", betonte der EJK-Leiter: "Am Wichtigsten ist es, dass diese Jugendlichen einen strukturierten Tagesablauf haben." Die Forderung nach mehr Polizei sei "sicher der falsche Weg, um die Jugendkriminalität zu senken", meinte Csefan.
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