Krawalle: Außenministerium warnt vor Reisen in Pariser Vorstadtviertel
PARIS/WIEN. Nach einer weiteren Krawallnacht in Frankreich hat sich die französische Regierung am Freitag zu einer Krisensitzung versammelt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat wegen der anhaltenden Unruhen in seinem Land nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen vorzeitig den EU-Gipfel in Brüssel verlassen, um an einer Krisensitzung teilzunehmen. Das österreichische Außenministerium hat indessen seine Sicherheitshinweise für Frankreich aktualisiert. "Die Sicherheitslage in der Ile de France und anderen französischen Großstädten sei instabil", hieß es auf der Website.
Reisen in die Vorstadtviertel um Paris sollen gemieden werden, informierte das Ministerium. Das Ministerium rief bei Reisen nach Frankreich zudem zu einer Registrierung auf.
Wird Notstand ausgerufen?
Premierministerin Elisabeth Borne schloss nicht aus, dass zur Beruhigung der Lage in Frankreich der Notstand ausgerufen werden könne. Macron hatte sich bisher jedoch dagegen ausgesprochen. Zuvor waren Forderungen von mehreren Politikern gekommen, dies angesichts der seit drei Nächten anhaltenden Unruhen zu tun. Macron vermied in Brüssel jede Äußerung vor Journalisten. Borne sprach am Freitag von "unerträglichen und unentschuldbaren" Ausschreitungen. Sie sei mit mehreren Ministern zusammengekommen, "um eine Bestandsaufnahme der Gewalttaten und Ausschreitungen der Nacht vorzunehmen", schrieb sie am Freitag im Onlinedienst Twitter. Ab 11.00 Uhr wurde das Kabinett zu Beratungen über das weitere Vorgehen zusammengerufen. Am Freitagmittag kam auch Präsident Emmanuel Macron mit einem Krisenstab zusammen, um über die Lage zu beraten.
Nahverkehr unterbrochen
Wegen der anhaltenden Krawalle in Frankreich wird ein Teil des Nahverkehrs im Ballungsraum Paris abends bis auf weiteres unterbrochen. Alle Straßenbahnen und Busse müssen in Absprache mit der Polizei spätestens um 21.00 Uhr anhalten, teilte die zuständige Behörde am Freitag per Twitter mit. Verkehrsminister Clement Beaune hatte dem Radiosender RMC zuvor gesagt, dass der öffentliche Nahverkehr im Großraum Paris am Freitag ernsthaft beeinträchtigt sei. In einem Depot in Aubervilliers im Norden von Paris wurden zwölf Busse bei einem Feuer zerstört. Auf einem Video, das über soziale Netzwerke verbreitet wurde, war zudem eine brennende Tram in der Stadt Lyon im Osten Frankreichs zu sehen. Auch in Marseille, Pau, Toulouse und Lille habe es Ausschreitungen gegeben.
1.900 Autos in Flammen
Bei den Krawallen in Frankreich sind seit Donnerstag rund 1.900 Autos ausgebrannt. Außerdem wurde an rund 500 öffentlichen Gebäuden wie Polizeiwachen und Rathäusern Feuer gelegt, berichtete der Sender BFMTV am Freitag. 9.900 Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen. Alleine im Großraum Paris gingen 934 Autos in Flammen auf, berichtete die Zeitung "Le Parisien". An 212 Gebäuden gab es demnach Brände. In Straßburg brannten nach Angaben der Präfektur 74 Autos aus.
Vorwürfe gegen Behörden
Die Vereinten Nationen (UNO) haben Frankreich nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen aufgefordert, sich mit Rassismus-Problemen bei französischen Strafverfolgungsbehörden zu befassen. "Das ist der Moment für das Land, sich ernsthaft mit den tiefgreifenden Problemen des Rassismus und der Rassendiskriminierung bei der Strafverfolgung auseinanderzusetzen", sagte die Sprecherin des UN-Menschenrechtskommissariats, Ravina Shamdasani, am Freitag in Genf.
"Wir sind besorgt über die Tötung eines 17-Jährigen nordafrikanischer Abstammung durch die Polizei in Frankreich." Die Behörden sollten dafür sorgen, bei Gewaltanwendung durch die Polizei auf die "Grundsätze der Rechtmäßigkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit" zu achten, sagte Shamdasani. Alle Vorwürfe über unverhältnismäßige Gewaltanwendung müssten "schnell untersucht" werden.
Sicherheitskräfte mobilisiert
Nachdem es bereits zwei Nächte in Folge in mehreren Städten massive Proteste gegen Polizeigewalt gegeben hatte, wurden für die Nacht zum Freitag landesweit rund 40.000 Polizisten und Gendarmen mobilisiert, um die Ausschreitungen einzudämmen. 5.000 davon in Paris. Auch die Hauptstadt berief einen Krisenstab ein. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 249 Polizisten und Gendarmen in der Nacht zum Freitag verletzt. Innenminister Gérald Darmanin zufolge wurden 667 Menschen festgenommen.
Proteste gab es am Donnerstag auch in der belgischen Hauptstadt Brüssel. Dort nahm die Polizei nach eigenen Angaben am Donnerstagabend dutzende Menschen fest, unter ihnen zahlreiche Jugendliche, nachdem mehrere Feuer gelegt und Straßenbarrikaden errichtet worden waren. Die Festgenommenen wurden später wieder freigelassen. Zwei Autos und mehrere Mülltonnen wurden nach Angaben der Brüsseler Polizei in Brand gesetzt. Die Brände seien schnell gelöscht worden.
Bei Verkehrskontrolle erschossen
Am Dienstag war der jugendliche Nahel M. auf dem Fahrersitz eines Autos bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. In einem Video war zu sehen, wie der Polizist mit seiner Waffe auf den Fahrer zielt und aus nächster Nähe schießt, als das Auto plötzlich beschleunigt. Bei der Kontrolle war zuvor der Satz zu hören: "Du kriegst eine Kugel in den Kopf."
Die Ausschreitungen wecken Erinnerungen an die Krawalle des Jahres 2005. Der damalige Präsident Jacques Chirac rief zu dem Zeitpunkt den Notstand aus. Auslöser war der Tod von zwei jungen Männern, die auf der Flucht vor der Polizei von Stromschlägen getroffen wurden.
Video: ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch berichtet über die aktuelle Lage in Frankreich. Sie gibt eine Vorschau auf das Krisentreffen in Paris angesichts der Ausschreitungen in Frankreich.
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Na sowas, und das in der Europäischen Union?
Bitte nicht der Ukraine weitersagen, die ziehen sonst ihr Beitrittsansuchen zurück! Ha,ha,ha
Präsident Macron hat voll recht: nichts entschuldigt diese Gewalt… Aber: was entschuldigt den tödlichen Schuss auf den 17 jährigen? Auch nichts!
Der Polizist ist wahrscheinlich in schlechten Verhältnissen aufgewachsen, hat wahrscheinlich eine schwere Kindheit gehabt und ist auch scheinbar, wie viele andere für die Exekutive ungeeignet, was den Verantwortlichen wahrscheinlich nicht aufgefallen ist. Das Problem ist scheinbar aber international vorhanden.
Liberté, Égalité, Fraternité. Scheinbar nur eine Illusion.
Für die Jugendlichen nicht. sie scheinen dafür zu kämpfen.