Auweh! Habe ich wirklich Gicht?
Frage an OÖN-Doktor Johannes Neuhofer. "Nach einer üppigen Feier mit Freunden entwickelte ich ganz plötzlich eine stark schmerzhafte Schwellung an der rechten großen Zehe. Ist es wirklich Gicht, wie meine Frau sagt?“
Als Krankheit der reichen Leute und der Adeligen bezeichnete man früher die Gicht. Denn nur die Oberschicht konnte es sich damals leisten, viel Fleisch zu essen und das dann auch noch mit ordentlich Bier, Wein und Schnaps "runterzuspülen". Lange wusste man nicht, dass bei einer derart ungesunden Ernährung Harnsäure im Übermaß gebildet wurde.
So wie offenbar bei Ihnen kommt es dabei eben häufig zu der Ausschüttung von Harnsäurekristallen im Gelenksbereich – sehr häufig einseitig am Großzehengrundgelenk, im Fachjargon Podagra genannt. Männer – meist im fortgeschrittenen Alter – sind mit bis zu 95 Prozent am häufigsten betroffen. Doch es gibt noch weitere Ursachen für Gichtanfälle. Neben dieser metabolischen Ursache durch falsche Ernährung steckt aber fallweise auch ein genetischer Grund – bedingt durch einen Enzymdefekt – dahinter.
Ernährung und Vererbung
Dies lässt sich daran erkennen, dass das Problem in der Familie gehäuft auftritt. Auch Medikamenteneinwirkung wie die häufig verwendeten Salicylate oder harntreibende Mittel (Diuretika) können einen Gichtanfall fördern. Und der kann so schmerzhaft sein, dass man sogar den Druck der Bettdecke nicht ertragen kann.
Früher verwendete man als Standardtherapie und Diagnostikum das rasch wirksame Spindelgift der Herbstzeitlose "Cholchizin", das heute – aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen – nur noch als Alternative infrage kommt, wenn übliche antiinflammatorische Medikamente nicht ausreichend wirken. Da bei erhöhtem Harnsäurespiegel nicht nur die Gelenke schmerzhaft betroffen sind, sondern auch andere Organe, insbesondere die Niere, beteiligt sein können, empfehle ich Ihnen jedenfalls eine ärztliche Abklärung.
Sollte Ihr Harnsäurewert lediglich im oberen Normbereich liegen, wie das beim akuten Gichtanfall nicht selten vorkommt, wird Ihr Arzt aber dennoch bei klassischer Symptomatik eine Gicht nicht sofort ausschließen.
Sicherlich wird er Ihnen neben einer adäquaten Therapie klare diätetische Empfehlungen geben, damit Ihnen künftig diese starken Beschwerden erspart bleiben.
Haben Sie Fragen zum Thema Gesundheit? Schreiben Sie OÖN-Doktor Johannes Neuhofer (Dermatologe), der diese Kolumne mit einem Ärzteteam betreut: Clemens Steinwender (Kardiologe), Reinhold Függer (Chirurg), Rainer Schöfl (Gastroenterologe), Josef Hochreiter (Orthopäde), Werner Schöny (Psychiater). E-Mail: doktor@nachrichten.at