18-Jähriger in Tirol wegen Terrorvideoverbreitung zu Haft verurteilt
INNSBRUCK. Ein 18-jähriger Syrer ist am Montag am Landesgericht Innsbruck wegen der Bearbeitung und Verbreitung von IS-Propagandavideos nicht rechtskräftig zu sechs Monaten unbedingter Haft verurteilt worden.
Der junge Mann, der vor seiner Festnahme im März 2024 in einer Flüchtlingsunterkunft in Kufstein gewohnt hatte, wurde hingegen in zwei weiteren Terror-Anklagepunkten im IS-Umfeld freigesprochen. Sein Verteidiger meldete nach dem Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Aus der Sicht des Verteidigers sei nämlich auch der Tatbestand, für den der Mann am Montag von Richterin Andrea Steffan und dem Schöffensenat verurteilt wurde, nicht erfüllt sowie der Mann zum Zeitpunkt der angeklagten Taten erst 17 Jahre alt gewesen, argumentierte er kurz. Angeklagt waren auch das Verbrechen der Ausbildung für terroristische Zwecke sowie das Verbrechen der kriminellen Organisation. So hat sich der Mann laut Anklage mit einem Telegram-Nutzer in Chats über Bombenbau ausgetauscht sowie beispielsweise Videos von IS-Hinrichtungen verbreitet. "Das reine Verschicken solcher Videos reicht allerdings nicht aus, um eine IS-Beteiligung zu behaupten", betonte die Richterin. Insgesamt wurden rund 20.000 Videos, Fotos und sonstiges Material auf dem Handy und Tablet des Angeklagten gefunden.
Für ebenjene Anklagepunkte gebe es aber nicht die Möglichkeit, die Schuld "zweifelsfrei festzustellen", so Steffan in ihrer Urteilsbegründung. Auch eine tatsächliche Betätigung des Mannes im Umfeld des Islamischen Staates ließe sich nicht mit letzter Sicherheit beweisen. "So reicht es nur dazu aus zu belegen, dass zweifelsfrei Propagandavideos bearbeitet, weitergeleitet und auf diversen Kanälen gepostet wurden", führte sie aus.
Angeklagter wollte laut Chats Polizeiauto in die Luft sprengen
Eine Nähe zum IS stellte der Angeklagte, der sich bei der Verhandlung eingangs "teilweise schuldig" bekannt hatte, wiederum in Abrede. "Ich weiß gar nicht so viel über den IS", sagte der syrische Staatsbürger. Die Videos, die er verbreitet hatte, habe er aber "einfach krass" gefunden und auch die "Explosionsvideos" von dem Telegram-User, mit dem er sich schließlich stundenlang über Bombenbau austauschte, habe er "außergewöhnlich" gefunden.
Dennoch habe er niemals die ernsthafte Absicht gehabt eine Bombe zu bauen oder gar damit eine folgenschwere Straftat zu verüben: "Man hat bei mir zuhause ja auch überhaupt kein Material zum Bau gefunden." Auch seine Chatnachricht, dass er mit der selbst gebauten Bombe "ein Polizeifahrzeug in die Luft sprengen will", sei nicht für bare Münze zu nehmen gewesen. Auf mehrfache Nachfrage von Richterin Steffan räumte er aber dann doch vage ein, dass er die damals erhaltenen Informationen womöglich doch in der Praxis habe erproben wollen.
Verteidiger sprach von "Blödheit"
Auch sein Verteidiger hatte in seinen Plädoyers die Taten seines Mandanten eher beschwichtigt. "Er hat eine Blödheit gemacht und sich über den Bombenbau informiert, allerdings war das nicht ernst gemeint", sagte dieser. Anders sah den Sachverhalt naturgemäß Staatsanwalt Dieter Albert. "Wir haben es hier mit schwerwiegenden Verbrechen zu tun", so der öffentliche Ankläger. Es sei "verstörend", dass der geflohene junge Mann seine Chance im friedlichen Österreich nicht ergriffen habe, sondern sich in die Nähe einer "terroristischen und kriminellen Vereinigung" begeben habe.
Mit dem Urteil vom Montag ist der Mann - jedenfalls vorerst - auf freiem Fuß, da ihm die bereits seit Ende März abgesessene Untersuchungshaft auf die ausgesprochene Freiheitsstrafe angerechnet wird. "Ich werde Sie nicht enttäuschen", sagte der Syrer in Richtung Steffan, die ihm im Rahmen ihrer Urteilsverkündung ins Gewissen geredet hatte. "Ich hoffe, Sie haben jetzt etwas daraus gelernt", sagte sie in Richtung des Angeklagten.
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