Rosberg-Kritik an Ferrari: „Sogar Formel-3-Teams machen einen besseren Job“
ZANDVOORT. Ein fehlender Reifen, dazu ein deplatzierter Schlagschrauber: Nach einem weiteren denkwürdigen Ferrari-Fiasko musste sich Teamchef Mattia Binotto auch noch mit Ex-Weltmeister Nico Rosberg rumschlagen.
Der Deutsche arbeitet im Nebenjob als Sky-Experte und empfahl der Scuderia nach der kuriosen Formel-1-Episode in Zandvoort, unter den Angestellten für frischen Wind zu sorgen. "Wir werden keine Leute auswechseln, das ist eine direkte Antwort auf Rosberg", betonte Binotto nach dem Großen Preis der Niederlande. In der Formel 1 sei schließlich "Stabilität so wichtig. Wir haben großartige Leute im Team, wir sind ein großartiges Team. Daran habe ich keinen Zweifel."
Binotto vielleicht nicht. Die Zahl der Zweifler dürfte allerdings nicht zuletzt in Italien wachsen. Charles Leclerc raste bei Max Verstappens Heimsieg am Sonntag zwar endlich wieder aufs Podium. Teamkollege Carlos Sainz erlebte jedoch, was einem bei Ferrari so alles passieren kann, wenn es sowieso schon nicht läuft. Die Mechaniker vergaßen beim ersten Boxenstopp des Spaniers ein Rad. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit von mehr als zwölf Sekunden, ehe Sainz wieder Gas geben konnte. Der Aufruf zum Reifenwechsel sei spät gekommen, verteidigte Binotto die Mechaniker.
„Zur falschen Zeit am falschen Ort“
Ein Schlagschrauber blieb dabei auch noch liegen, Verstappens Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez fuhr drüber. Sainz bekam später noch eine Zeitstrafe aufgebrummt, weil er in der Boxengasse ein anderes Auto gefährdet haben soll. "Alles was gegen uns laufen konnte, lief auch gegen uns", meinte Sainz nach Platz acht fatalistisch. "Wir waren einfach ständig zur falschen Zeit am falschen Ort. Es war ein sehr schlechter Tag."
Der frühere Mercedes-Mann Rosberg wunderte sich über die nächste skurrile Ferrari-Darbietung nur eine Woche vor dem emotionalen Heimspiel in Monza. "Sogar Formel-2- oder Formel-3-Teams machen einen besseren Job bei ihrer Strategie und ihren Boxenstopps als Ferrari", ätzte der Weltmeister von 2016. "An einem bestimmten Punkt muss man anfangen, ein paar grundlegende Änderungen vorzunehmen."
Ganz unrecht hat Rosberg nicht. Bei Ferrari muss sich etwas verändern. Aus einem Rennstall, der zu Saisonbeginn ein ernsthafter Herausforderer für Verstappen und Red Bull war, ist ab und an etwas geworden, was schon Sebastian Vettel in seiner Zeit bei der Scuderia miterleben musste: eine Lachnummer. Fahrfehler, streikende Technik, Strategie-Pannen: Ferrari bietet auch in diesem Jahr einiges. "Der Ferrari ist ein großartiges Auto, aber Ferrari verwaltet es miserabel", schrieb der "Corriere dello Sport".
Der Name Jean Todt geistert herum
In einem chronisch aufgeregten Umfeld versucht Binotto, weiter Ruhe zu bewahren. Als ein möglicher Nachfolger für ihn wird längst auch Jean Todt gehandelt, der mit Michael Schumacher eine Ära bei der Scuderia prägte.
Ob es in Monza besser wird? "Ich freue mich sehr darauf, dorthin zu fahren. Wir haben immer eine riesige Unterstützung", sagte Leclerc zuversichtlich klingend und ergänzte dann doch viel weniger zuversichtlich: "Leider wird unsere Leistung von der Papierform her dort ein bisschen schwieriger sein als an diesem Wochenende."
Ferrari war stark mit Leclerc in die Saison gestartet und galt als ernsthafter Herausforderer von Red Bull. Eine teils peinliche Fehlerserie hat die Scuderia aber weit zurückgeworfen. Weltmeister Max Verstappen führt die WM-Wertung vor dem Ferrari-Heimspiel am kommenden Wochenende in Monza mit 310 Zählern vor Leclerc und seinem punktgleichen Teamkollegen Sergio Perez (jeweils 201) an. "Es ist sicherlich ein schwieriger Moment", räumte Binotto ein. "Wir müssen aber in Monza reagieren."
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