Türkischer Ex-Wirtschaftsminister stellt neue Partei vor
ANKARA. Der frühere türkische Wirtschaftsminister und einstige Verbündete von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Ali Babacan, hat eine neue Partei gegründet. Der 52-Jährige präsentierte am Mittwoch in Ankara seine "Partei für Demokratie und Fortschritt (Elan)" (DEVA/"Demokrasi ve Atilim Partisi").
Wegen seiner ökonomischen Expertise genießt Babacan in der Türkei großen Respekt. Erwartet wird, dass er Erdogans AKP unzufriedene Wähler streitig macht.
"Die Zeit für die Demokratie ist gekommen, die Zeit für den Fortschritt in der Türkei ist gekommen", sagte Babacan bei der Gründungsfeier seiner Partei. Deva bedeutet im Türkischen "Heilmittel". In seiner Rede plädierte Babacan für ein Gegenmodell zu dem von Erdogan eingeschlagenen politischen Kurs.
Ohne den Präsidenten beim Namen zu nennen, forderte Babacan eine Reihe von Reformen, darunter eine neue Verfassung zur Stärkung der Gewaltenteilung. Er rief zudem zu wirtschaftlichen Reformen und einer Ausweitung demokratischer Freiheiten auf. Kritik übte Babacan auch am Druck auf Journalisten in der Türkei und der Situation junger Menschen, "die ohne Angst twittern wollen".
Gründungsmitglied trat 2019 aus AKP aus
Babacan gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Erdogans islamisch-konservativer AKP und war von 2002 bis 2007 Wirtschaftsminister, später war er Außenminister. Von 2009 bis 2015 war er stellvertretender Regierungschef. Im vergangenen Jahr trat er aus der AKP aus. Zur Begründung nannte er "gravierende Differenzen" mit der Partei über deren Kurs.
Experten gehen davon aus, dass Babacan vor allem auf das Überlaufen konservativer Muslime sowie von über die wirtschaftlichen Folgen der Währungskrise von 2018 besorgten Wählern der AKP zu seiner Partei setzt.
Die Gründung der DEVA könnte zu einer weiteren Zersplitterung des islamisch-konservativen Lagers in der Türkei führen. Bereits im Dezember hatte der frühere Ministerpräsident und langjährige Erdogan-Vertraute Ahmet Davutoglu eine neue Partei gegründet. Zum Start seiner Zukunftspartei (Gelecek Partisi) hatte Davutoglu vor einem "Führerkult" gewarnt und ebenfalls eine neue Verfassung gefordert.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Metropoll vom Februar kam Davutoglus Partei auf 1,2 Prozent Zustimmung, Babacans damals noch nicht gegründete Partei auf 0,8 Prozent.