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Informationsfreiheit: Das Fast-Aus für das Amtsgeheimnis

Von nachrichten.at/apa, 19. April 2021, 12:53 Uhr

WIEN. Das von der Regierung geplante Informationsfreiheitspaket sieht eine Reform der Amtsverschwiegenheit vor. Ersatzlos gestrichen würde das Amtsgeheimnis aber nicht, denn auch für das künftig geplante Recht auf Informationszugang sind weitreichende Ausnahmen vorgesehen. Anwälte befürchten mehr Geheimhaltung als jetzt.

Massive Bedenken gegen die Regierungspläne zur Reform des Amtsgeheimnisses hegt die Rechtsanwaltskammer. Die von Präsident Rupert Wolff gezeichnete Stellungnahme kritisiert sowohl weiter als bisher gefasste Ausnahmen von der geplanten Informationsfreiheit als auch die Einschränkung der Parlamentsrechte. Ob es noch Nachbesserungen geben wird, ist offen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) will die über 100 Begutachtungsstellungnahmen möglichst breit besprechen. ÖVP und Grüne wollen das Amtsgeheimnis aus der Verfassung streichen und durch ein Recht auf Informationszugang ersetzen, das aber durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen wird. Geheimhaltung ist u.a. vorgesehen im Interesse der nationalen Sicherheit, zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen Schadens für den Staat oder "zur Vorbereitung einer Entscheidung". Diese Gründe gelten im Wesentlichen auch schon beim derzeitigen Amtsgeheimnis.

Die Rechtsanwälte kritisieren nun, dass eine der künftigen Ausnahmen zu weit gefasst sei - nämlich die Geheimhaltung von Informationen "zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen". Dies bedeute eine "nicht unerhebliche Ausdehnung der geheim zu haltenden Informationen". Denn derzeit sei Geheimhaltung nur "im überwiegenden Interesse der (Verfahrens)Parteien" vorgesehen. Die Rechtsanwälte warnen, dass diese Ausnahme künftig zur pauschalen Ablehnung von Auskünften verwendet wird: "Das Recht auf Zugang zu Informationen ist angesichts dieser sehr umfassenden und teilweise äußerst unbestimmten Einschränkung (...) tatsächlich nicht effektiv." Kritisiert wird auch, dass Verträge erst ab einem Wert von 100.000 veröffentlicht werden sollen. Hier drohe Missbrauch durch Kettenverträge. Die Entscheidungsfristen halten die Anwälte für zu lang.

Außerdem warnt die Rechtsanwaltskammer vor einer Einschränkung der parlamentarischen Rechte, die zuvor auch die Landtage und Bürgerrechtsorganisationen kritisiert hatten. Denn künftig ist explizit vorgesehen, dass sich Mitglieder der Bundesregierung auch gegenüber dem Parlament auf die Geheimhaltung berufen könnten. Dies ist zwar auch beim Amtsgeheimnis der Fall - allerdings nur wegen eines mutmaßlichen Redaktionsversehens bei der Verfassungsreform von 1929. Die Anwaltskammer schlägt daher unter Verweis auf die "auch bisher problematische Praxis" vor, die Geheimhaltung der Regierung gegenüber dem Parlament gänzlich zu streichen.

Ob es noch Änderungen an den Gesetzesplänen geben wird, ist offen. Im Büro der zuständigen Verfassungsministerin Edtstadler hieß es am Montag auf APA-Anfrage, man wolle die mehr als 100 Begutachtungsstellungnahmen möglichst breit besprechen. Dass die geplanten Geheimhaltungsgründe auch gegenüber dem Parlament gelten sollen, verteidigt Edtstadlers Sprecher allerdings. Dies sei keine Einschränkung, weil ja auch das Amtsgeheimnis gegenüber dem Parlament gelte. Nun gelte es, eine möglichst breite Einigung zu erzielen. Für die nötige Verfassungsänderung ist im Parlament eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Die Details

  • Amtsgeheimnis

Das zuletzt schon durch mehrere Entscheidungen von Höchstgerichten durchlöcherte Amtsgeheimnis wird grundsätzlich abgeschafft - allerdings mit Ausnahmen (siehe unten). Das bedeutet, dass de facto alle öffentlichen Stellen - vom Parlament über Regierung, Selbstverwaltung, Ämter, Gerichte, den Rechnungshof bis zur Volksanwaltschaft - auf Antrag von "jedermann" kostenlos Informationen zur Verfügung zu stellen haben. Dies gilt auch für Unternehmen, sofern die öffentliche Hand zu einem relevanten Anteil beteiligt ist. Ausgenommen sind Kammern, die nur ihren Mitgliedern Rechenschaft schuldig sein sollen.

Innerhalb von vier Wochen ist die Auskunft zu erteilen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht machbar, kann sich die Frist um vier Wochen verlängern. Wird die Information verwehrt, ist innerhalb von zwei Monaten ein Bescheid zu erstellen, gegen den beim Verwaltungsgericht berufen werden kann. Dieses soll ebenfalls innerhalb von zwei Monaten entscheiden. Die langen Fristen waren ein Hauptkritikpunkt in der Begutachtung.

  • Ausnahmen

Im Gesetzespaket sind diverse Ausnahmen von der Informationspflicht festgelegt. Keine Informationen müssen erteilt werden "im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung". Letzteres soll in erster Linie laufende behördliche und gerichtliche Verfahren schützen, aber auch beispielsweise Rechnungshofprüfungen. Geheimhaltung soll aber auch "aus zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen" möglich sein sowie zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens oder zur Wahrung des Betriebsgeheimnisses, der Rechte am geistigen Eigentum oder des Schutzes personenbezogener Daten. Dass ganz allgemein auch "überwiegende berechtigte Interessen eines anderen" lässt Kritiker allerdings sogar von einer Ausweitung der Geheimhaltungsgründe sprechen.

  • Informationsregister

"Informationen von allgemeinem Interesse" sind von den Organen ehestmöglich zu veröffentlichen. Darunter fallen beauftragte Studien, Stellungnahmen, Gutachten sowie Verträge ab einem Wert von 100.000 Euro. Die Wertgrenze wurde in der Begutachtung wiederholt als zu hoch und missbrauchsanfällig kritisiert. Abrufbar sein sollen sie über die Adresse www.data.gv.at

  • Rechnungshof

Erweitert werden die Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofs. Er soll Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung von Bund, Land oder Gemeinden prüfen dürfen. Für die betroffenen Unternehmen bringt das eine Reihe von weiteren Neuerungen - von der Veröffentlichung ihrer Werbeausgaben bis hin zu strengeren Antikorruptionsregeln und der Aufnahme in den Einkommensbericht des Rechnungshofs.

  • Verfassungsgerichtshof

Zwei Änderungen betreffen den VfGH. Eine sogenannte Cooling-off-Phase soll sicher stellen, dass ehemalige Regierungsmitglieder in Bund und Land, Abgeordnete sowie Angestellte oder Funktionäre einer Partei für drei Jahre nach Ende der jeweiligen Tätigkeit weder Richter noch Ersatzrichter werden können. Damit hätte beispielsweise der ehemalige Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) erst deutlich später in den Gerichtshof einziehen können.

Neu eingeführt wird für die Höchstrichter die Möglichkeit, nach Entscheiden des Höchstgerichts abweichende oder auch zustimmenden Stellungnahmen abgeben zu können. Der Verfassungsgerichtshof selbst hat das in der Begutachtung allerdings abgelehnt und fürchtet um die Akzeptanz seiner Entscheidungen.

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5  Kommentare
5  Kommentare
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ob-servierer (4.552 Kommentare)
am 19.04.2021 13:59

Eine reine Mogelpackung, die das Papier nicht wert ist, auf dem es gedruckt wurde. In einigen Punkten kommt es anscheinend sogar zur Ausweitungen des Amtsgeheimnisses.

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jack_candy (8.072 Kommentare)
am 19.04.2021 13:39

Wenn die Edtstadler zuständig ist, wird es keine Verbesserungen geben.

Warum ist nicht das Justizministerium zuständig?

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (27.167 Kommentare)
am 19.04.2021 13:33

Find ich lustig: Da soll eine privatwirschaftlich organisierte Firma (im öffentlichen Besitz) plötzlich (ablehnende) Bescheide erstellen dürfen...

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Gugelbua (32.194 Kommentare)
am 19.04.2021 13:20

Was will man uns damit wieder vorgaukeln?😋
das Fast-Aus für das Amtsgeheimnis
Werden nun Dokumente für die vielen Korruption Ausschüsse nicht mehr geschwärzt ?😁😁😁

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ob-servierer (4.552 Kommentare)
am 19.04.2021 14:02

Nein, die werden getür........ähh......."türkist".

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