Als Manfred Eder einen Aufstand der Studenten auslöste
68er-Bewegung: Der Linzer stand im Mittelpunkt der größten Studenten-Unruhen in der Geschichte der Kepler-Uni.
Damit hatte Manfred Eder nicht gerechnet: Plötzlich stand er mit 23 Jahren im Mittelpunkt des größten Machtkampfes zwischen Studenten und Professoren, den es an der Kepler-Uni (damals Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) bis heute je gab. "Ich hatte enormen Druck", sagt er rückblickend. "Aber ich musste es durchstehen." Der Aufstand ereignete sich 1970, Experten rechnen ihn aber den Studentenprotesten der 68er-Bewegung zu.
Professor sperrte sich ein
Was war geschehen? Als Chef der Zeitung des VSStÖ (Verband der sozialistischen Studenten) waren Eder von einem Professor brisante Informationen zugespielt worden: nämlich welcher Professor geheime Zulagen in welcher Höhe erhalten hatte. Diese Gagen wurden ausgezahlt, um Lehrende an die junge Uni nach Linz zu locken. "Wir waren aber der Meinung, dass man dieses Geld besser für die Uni verwendet hätte", sagt der 71-Jährige. "Das habe ich in einem Kommentar auch geschrieben."
Dieser Bericht löste unter der Professorenschaft großen Unmut aus, vor allem die Tatsache, dass nun offenbar wurde, dass nicht alle gleich viel Geld erhalten hatten. Eders Pech war, dass er ausgerechnet jetzt als wissenschaftliche Hilfskraft (heute Studienassistent) angestellt werden sollte. Diesem Antrag seines Professors Kurt Rothschild musste die Professorenschaft zustimmen. Was sie aber prompt verweigerte. "Das war ein großer Fehler", sagt Eder. "Dass mir wegen dieses Vorfalls quasi ein Berufsverbot an der Uni ausgesprochen werden sollte, war nicht in Ordnung. Dann ist das Ganze entgleist."
Plötzlich herrschte an der Uni Aufruhr. Es kam zu Protestversammlungen der Studenten, ein Professor brach seine Vorlesung ab, als er von Studenten befragt wurde. Es kam sogar zu einem Vorlesungs- und Prüfungsstopp. Die Medien, darunter die OÖN, berichteten. Vor allem der ehemalige Rektor Rudolf Strasser hatte sich gegen Eder ausgesprochen. Als ihn Studenten darauf ansprachen, "sperrte er sich in seinem Institut ein", wie die OÖN am 23. Oktober 1970 berichteten. Das ließen sich die Studenten nicht gefallen.
Rund 90 Studierende stürmten das Institut und besetzten es so lange, bis Strasser doch zu einem Gespräch bereit war. Doch es kam zu keiner Lösung. Schließlich kam Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg höchstpersönlich nach Linz. "Ich unterschrieb eine Ehrenerklärung, dass ich niemandem schaden wollte, und wurde angestellt", sagt Eder. Er war froh, als alles vorbei war: "Mir ging’s nicht besonders gut. Ich bin kein Held."
Aufmüpfige Studenten
Eder, der später Chef der Technologie- und Marketinggesellschaft des Landes wurde und heute in Pension ist, sieht die damaligen Proteste durchaus in Zusammenhang mit der 68er-Bewegung: "Wir Studenten waren aufmüpfig. Es passte in die Zeit, dass sich Studenten wehrten und auf die Barrikaden stiegen."
Studentenproteste
USA: Mit einem Sitzstreik für freie Rede und akademische Freiheit an der Uni Berkley zwingen Studenten 1964 die Leitung zum Einlenken.
Spanien: Nach einem Solidarstreik von Arbeitern für inhaftierte Aktivisten radikalisieren sich 1966 Teile der Studentenschaft. Mit dem Ausnahmezustand bereitet Diktator Franco dem Widerstand ein Ende.
BRD: Der tödliche Schuss auf den Studenten Benno Ohnesorg 1967 bei der Anti-Schah-Demo in Berlin verschärft die deutsche Revolution.
Polen: Studentenprotest gegen die Rücknahme kultureller Freiheiten, schlägt das Regime im März 1968 in Warschau nieder – begleitet von einer antisemitischen Kampagne.
Frankreich: Im Pariser Mai fordern 1968 Studenten eine Demokratisierung. Ein Generalstreik legt das Land lahm.
Mexiko: Studenten und Bürger protestieren gegen staatliche Schikanen – es kommt 1968 zum Massaker mit 300 Toten.