Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Kleine Pille, große Freiheit

Von Claudia Riedler, 28. April 2018, 00:05 Uhr
Kleine Pille, große Freiheit
In Österreich wurde die Antibabypille erstmals 1962 zugelassen. Bild: Schering

Die Antibabypille, die Einführung der Fristenlösung in Österreich und der Minirock sind untrennbar mit der 1968er-Frauenbewegung verbunden.

"Die Pille, das bedeutete damals die Unabhängigkeit vom Mann", sagt Doris John, Gynäkologin. Die Linzerin ist 1956 geboren und berichtet im OÖN-Gespräch aus ihrer Jugendzeit 1968 und danach. "In der Schule mussten wir Röcke anziehen. Wenn man Hosen trägt, wäre das Selbstbefriedigung, hieß es, und das schickte sich nicht." Die Männer bestimmten darüber, ob die Frau arbeiten gehen durfte oder nicht.

Die Antibabypille gab es zwar schon, sie war aber nicht so einfach zu bekommen, berichtet John. Sie entschied sich damals bewusst für die wahrscheinlich einzige weibliche Gynäkologin in Linz. "Diese sagte mir aber nur, wie schädlich diese Verhütungsmethode sei. Und von einer Freundin weiß ich, dass ihr der Apotheker die Pille einfach nicht gegeben hat", erinnert sich John.

Offiziell durfte das Verhütungsmittel nur an verheiratete Frauen ausgegeben werden.

Die Pille galt als "unanständig"

"Enovid" hieß die erste Antibabypille, die am 18. August 1960 in den USA auf den Markt kam. Einer ihrer Väter war der österreichische Chemiker Carl Djerassi. In Österreich wurde 1962 das erste Präparat ("Anovlar") zugelassen.

Bis die Pille gesellschaftlich anerkannt war, dauerte es aber viel länger. "Die Ärzte erzählten Schauergeschichten und meine Mutter schimpfte nur", sagt John. Die Pille war etwas Unanständiges, "ich nahm sie trotzdem".

Kleine Pille, große Freiheit
Der Mini war ein Aufreger. Bild: OÖN

Die Pille war ein Segen, "ein Meilenstein in der Geschichte der Emanzipation für Frauen", sagte Frauenrechtlerin Alice Schwarzer (75) in einem Interview. "Endlich konnten Frauen sich selbst vor ungewollten Schwangerschaften schützen." Davor gab es viele Abbrüche, oft in Hinterzimmern und mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen für die Frauen, berichtet John. Die Pille hatte aber noch einen Pluspunkt: "Sie schützte die Frauen vor Eierstockkrebs, der danach viel seltener wurde."

Und heute? "Es gibt viele verschiedene Präparate, und die Hormondosis ist höchstens halb so hoch wie bei der ersten Antibabypille", sagt die Gynäkologin. Mädchen ab 14 Jahren können sich ohne Einverständnis der Eltern die Pille verschreiben lassen.

"Und sie können theoretisch auch einen Schwangerschaftsabbruch machen. Als Ärztin darf ich der Mutter nicht sagen, was mir anvertraut wurde."

1968 war das unvorstellbar. Über Schwangerschaft und Geburt tauschten sich damals fast nur männliche Gynäkologen aus. Im gesellschaftlichen Diskurs spielten die Frauen keine Rolle, sie wurden nicht einbezogen.

"Mein Bauch gehört mir"

Doch das störte die Frauen gewaltig. "Mein Bauch gehört mir", so lautete der Slogan der Frauenbewegung, mit dem sie für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eintraten. 1975 wurde schließlich die sogenannte "Fristenlösung" eingeführt. Der Abbruch ist in Österreich seither straffrei, wenn er in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft erfolgt. "Das war ein echter Fortschritt, weil die Schwangerschaftsabbrüche dadurch zu sicheren Eingriffen unter sterilen Bedingungen wurden", sagt John, die auch als Assistentin im Schwangeren-Ambulatorium am Fleischmarkt 1 in Wien arbeitete. Diese Klinik wurde bald nach Einführung des Gesetzes geöffnet. Immer wieder demonstrierten hier auch Abtreibungsgegner und hinderten Frauen daran, das Ambulatorium zu betreten.

"Ein weiterer großer Fortschritt war, dass man mit Ultraschall überprüfte, ob überhaupt eine Schwangerschaft vorliegt. Das war vorher auch nicht üblich", berichtet John. Da sei einfach kassiert worden, egal, ob die Frau wirklich schwanger war oder nicht.

Mini, mehr als nur Mode

Die Geburt des Minirocks ist der britischen Modedesignerin Mary Quant zu verdanken. 1962 präsentierte sie erstmals das knappe Kleidungsstück, das zehn Zentimeter oberhalb des Knies enden soll.

Doch schon bald war der Mini weit mehr als nur ein Modetrend und wurde zum Symbol der Frauenbewegung. Bei Straßenprotesten und in Vereinen setzen sich Frauen für den Minirock ein. "Die Mode war extrem wichtig damals und ein echter Aufreger", erinnert sich Doris John. Die Lehrer haben geschaut und gleichzeitig geschimpft, wenn die Schülerinnen im Mini antanzten. "Für uns galt die Devise: So kurz wie möglich", sagt die Gynäkologin, die zu einem besonders kurzen Minikleid sogar eine passende Unterhose trug.

mehr aus 1968

Das Jahr, das die Welt bewegte

Eine Schulklasse taucht in die Welt der 68er ein

Das Signaturjahr

Die Beatles, Stones und Jimi Hendrix: Der geniale Soundtrack zur Revolte

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

2  Kommentare
2  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Ottokarr (1.790 Kommentare)
am 12.05.2018 13:48

Natürlich ist jeder Mensch her über sein Leben und kann darüber selber endscheiden !! Aber was hat es gebracht - das wir die erste Generation sind die sich nicht durch ( Kriege ,Krankheiten usw ) erledigt hat - sondern selber durch ihr handeln dezimiert und aufgibt !!

lädt ...
melden
antworten
sol3 (13.727 Kommentare)
am 28.04.2018 06:16

Ein Blick in Wiener Klassen sagt alles.

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen