Partei von Premier Paschinjan gewinnt armenische Parlamentswahl
JEREWAN (Eriwan). Die Partei des armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan hat die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag überraschend klar gewonnen.
Die Partei Bürgervertrag kam nach Auszählung aller Stimmen auf 53,92 Prozent, teilte die Wahlleitung am Montag in der Früh in der Hauptstadt Eriwan mit. Paschinjan hatte sich schon zuvor zum Sieger erklärt. Sein Herausforderer, Ex-Präsident Robert Kotscharjan, zog die Ergebnisse in Zweifel. Sein Block Armenien erhielt demnach 21,04 Prozent. Paschinjan hatte die vorgezogene Parlamentswahl ausgerufen, nachdem er wegen des verlorenen Berg-Karabach-Kriegs gegen den Nachbarn Aserbaidschan massiv unter Druck geraten war. Meinungsumfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Blöcke vorhergesagt. Die nunmehrigen Ergebnisse beruhten auf einem Auszählungsstand von 90 Prozent.
Scheinbar Hinweise auf Wahlbetrug
Der Regierungschef sprach in der Nacht auf Montag von einem "überzeugenden Sieg" und wertete das Ergebnis als neuerlichen Regierungsauftrag. Kotscharjan sagte hingegen, es gebe "hunderte Hinweise" aus den Wahllokalen, die auf "organisierte und geplante Fälschungen" hindeuteten. Das Bündnis werde das Wahlergebnis nicht anerkennen, bis diese "Verstöße" überprüft seien. Am Montagnachmittag wollten Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine erste Einschätzung zum Wahlverlauf abgeben.
Paschinjan hatte die Wahl nach massiven Protesten infolge der militärischen Niederlage gegen Aserbaidschan im Bergkarabach-Konflikt angesetzt. Nach sechswöchige Kämpfen hatte Armenien im vergangenen August seine Niederlage eingestehen müssen. Die Zahl der Toten wurde von beiden Seiten mit mehr als 6.500 angegeben. Armenien musste große Gebiete aufgeben, die seit einem vorangegangenen Konflikt in den 1990er Jahren unter seiner Kontrolle standen.
Niederlage gegen Aserbaidschan Ansehen massiv geschädigt
Paschinjan war 2018 in einer friedlichen Revolution und mit dem Versprechen an die Macht gekommen, korrupte Eliten in der kleinen ehemaligen Sowjetrepublik im Kaukasus zu stürzen. Die militärische Niederlage gegen Aserbaidschan hatte sein Ansehen aber massiv beschädigt. Nach heftigen Protesten hatte Paschinjan daher im Herbst vorgezogene Neuwahlen ausgerufen.
Kotscharjan wirft Paschinjan Unfähigkeit vor und empfahl sich unter Verweis auf seine Amtszeit von 1998 bis 2008 als erfahrener Staatsmann. Er gilt als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Ein Sieg Paschinjans gilt aus russischer Sicht als Garant dafür, dass das unter russischer Vermittlung mit Aserbaidschan geschlossene Waffenstillstandsabkommen um die Konfliktregion Berg-Karabach hält. Das Abkommen war nach einem 44-tägigen Krieg am 9. November in Kraft getreten. Es legt auch die Stationierung von 2000 russischen Friedenssoldaten fest.